Metadata: Die fremden Erdteile (Abt. 1)

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Im Laufe der Zeit, namentlich um die Wende des 18. nnd 19. Jahrhunderts, 
haben sich die Kolonien bis auf wenige Reste frei gemacht nnd selbst- 
ständige Staaten gebildet. Seit dem Sturze des Kaisertums iu 
Brasilien sind alle selbständigen Staaten Amerikas Republiken. — Die 
verschiedenen Nationen übertrugen auch ihre kirchlichen Ver- 
hältnisse iu die ueue Welt. Im Gebiet der ehemals romanischen 
Kolonien, also in Süd- und Mittelamerika, sowie iu Mexico, herrscht 
der Katholizismus, iu Nordamerika das protestantische Bekenntnis mit 
seinen zahlreichen Sekten. — Juden gibt es in Amerika etwa 1 Mill. 
Die Neger sind in einer Gesamtzahl von etwa 16 Mill. ver- 
treten, wovon der größte Teil (gegen 9 Mill.) in der Union lebt. In 
stattlicher Anzahl kommen sie ferner in Brasilien, Peru und ans den 
Antillen (namentlich auf Haiti) vor. Ihre Vorfahren wurden seit 
1517 (auf den Rat von Las Casas) durch deu afrikauifcheu Sklaven- 
Handel in die tropischen nnd subtropischen Gegenden eingeführt und in 
der Plantagenwirtschaft verwendet. Bis in die neueste Zeit hat die 
Hauptmasse der Neger uoch als Sklaven gelebt. Die Freilassung erfolgte 
1863 iu der Union, 1880 in Westindien und 1888 in Brasilien. 
Die wirtschaftliche Lage der meisten Neger ist indes traurig, und in 
gesellschaftlicher Beziehung gelten sie (namentlich in den Südstaaten der 
Union) als eine verachtete Rasse. 
Die Hauptblütezeit des Negerhandels fällt ins 18. Jahrhundert, als den 
großen Handelskompagnien in Holland, England und Frankreich gestattet wurde, 
die Küsten Afrikas auszurauben und ihren Raub in Amerika zu verkaufen. 
Ja auch die Regierungen selbst beteiligten sich dabei, den englischen Kolonien 
in Nordamerika wurde die Negersklaverei geradezu aufgezwungen. Besonders 
ausgedehnt war sie in den Plantagengebieten, während die Länder auf dem 
Rücken der Anden sich davon etwas freier gehalten haben. Der Zustand der 
Neger ist im allgemeinen bis in die Gegenwart ein sehr elender gewesen. Man 
suchte sie in jeder Art von Unwissenheit zu erhalten, selbst die Unterweisung 
derselben im Christentum zu verhindern, und erbarmungslos trennte man sogar 
Familien, wenn das Interesse des Herrn es erheischte.*) Die Folge davon ist 
natürlich zunächst die Entsittlichung und Verwilderung der Neger selbst gewesen. 
Aber auch über die Herren hat das Sklavenleben Flnch gebracht. Abgesehen 
von der Verhärtung des Herzens, die da eintreten muß, Ivo die Sklaverei mit 
denl Anblick des Schmerzes vertraut macht und den Instinkt des Mitgefühls 
erstickt, läßt sie für den Herrn die Arbeit schimpflich und Nichtstun und 
Faulheit als ausgezeichnetes Privilegium der herrschenden Kaste erscheinen, 
womit natürlich allen Lastern der Eingang geöffnet ist. So sehen wir überall in 
Amerika, wo die Sklaverei herrschte, die europäischen Kolonisten mehr oder weniger 
verkommen und in Roheit und Unkultur versinken. . . . Wenn die freigewordenen 
Neger uns als faul, nachlässig, diebisch geschildert werden, so wollen wir er- 
wägen, daß das Eigentum des ehemaligen Herrn in den Augen seines Sklaven 
nur einen geringen Wert haben kann, dagegen daß die Neger während der langen 
Zeit der Knechtschaft Freiheit und Nichtstun als zusammengehörige Dinge an- 
sehen mußten. Die plötzliche Entlassung zur Freiheit lvar daher von manchen 
trüben Folgen begleitet." (Ratzel). 
Die Mischliuge trete» mit 30 Mill. aus und kommen uaiueut- 
lich in Mittel- und Südamerika iu mehr als 20 Bastardgeschlechtsfolgen 
vor, deren wichtigste man als Mestizen, Mulatten, Zambos 
und Chinos bezeichnet. Unter dem Namen ,^Kreoleu" versteht man 
*) Vergl. Hautet Beecher Stowe, „Onkel Toms Hütte".
	        
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