Full text: Haus und Vaterland II (Bd. 5 (6. Schulj.))

verfällt, sondern nur den Regenwürmern nach tiefer in den Boden 
dringt. 
Wie findet nun der Maulwurf die Würmer und die Käferlarven? 
Sehen kann er sie nicht in seinem unterirdischen Reiche, in das kein 
Lichtstrahl dringt, außerdem haben eine südeuropäische Rasse von ihm, der 
Blinde Maulwurf (Talpa caeca), und alle anderen Arten überhaupt 
keine offenen Augen, die Oberhaut ist vielmehr über sie weggewachsen. 
Vielleicht riecht er die Gegenwart seiner Nahrung, denn sein Geruchs¬ 
vermögen scheint sehr scharf zu sein, aber möglicherweise hört er außer¬ 
dem noch ihre Bewegungen; denn sein Gehör soll schärfer als sein Geruch 
sein. Man wandert oft über Wiesen, die mit Maulwurfshügeln geradezu 
übersät sind, aber es ist eine außerordentliche Seltenheit, einmal einen 
Maulwurf „stoßen" zu sehen, d. h. zu sehen, wie er die Erde auswirft. 
Die Ursache hiervon ist, daß er uns kommen hört; er vernimmt unsere 
Tritte auf eine Entfernung von hundert Metern und mehr und unterbricht 
seine Arbeit, bis wir vorüber sind und uns wieder weit genug entfernt 
haben. Aber am wahrscheinlichsten ist es, daß das Tier diese Erd¬ 
erschütterungen und ebenso die sehr schwachen, von den Bewegungen der 
Würmer veranlaßten, hauptsächlich fühlt; denn sein Empfindungsvermögen 
muß außerordentlich leistungsfähig sein und seinen Sitz in der nackten, 
beweglichen Schnauze haben; dafür sprechen die triftigsten anatomischen 
Gründe; denn hier finden sich über hunderttausend sehr kleine Tastwärzchen. 
Ist der Maulwurf dem Menschen nützlich oder schädlich? 
Der Gärtner sieht in ihm einen Feind, und das ist er auch für ihn, 
wenn er seine Gänge durch die Beete wühlt und auf den Rasenplätzen 
seine Erdhügel auswirft. Der Landmann ist der gleichen Meinung und 
tötet ihn, wo er nur kann, weiß dabei aber vermutlich nicht, was für 
ein eifriger kleiner Wohltäter der Maulwurf ist, indem er Tausende und 
Abertausende schädlichster Kerbtierlarven vertilgt. Da sind die Draht¬ 
würmer, die Larven einer Art von Schnellkäfern, die die Würzelchen 
wegfressen, bis die Pflanzen eingehen; da sind ferner die Larven der 
großen, langbeinigen Wiesenschnaken, die dem Graswuchs überaus 
großen Schaden tun, und ferner sind da die dicken, fetten Engerlinge 
der Mai- und Junikäfer und viele andere mehr. Die frißt der Maul¬ 
wurf täglich zu Hunderten. Gewiß ist es lästig für den Landmann, 
auf seinen Wiesen Maulwurfshügel zu haben, die die Klingen der Mäh¬ 
maschinen stumpf machen und ihnen die Fähigkeit zu schneiden nehmen, 
aber das ist immerhin noch besser, als gar kein Gras zu mähen zu haben, 
wie es der Fall sein würde, wenn alle jene vom Maulwurf vernichteten 
schädlichen Larven am Leben geblieben wären.
	        
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