Full text: Haus und Welt II (Bd. 7, [Schülerbd.])

QQMQQQQ QQQV.Ü.V.V.V. 264 
diesen Darstellungen, den man nicht erklären, den man auch nicht 
nachahmen kann, ohne der Meister selber zu sein. Jeder meint, gerade 
so würde er es auch gezeichnet haben, und doch kann es kein anderer 
gerade so zeichnen. Richter schlägt fast alle Rkkorde der in der deutschen 
Häuslichkeit gewurzelten volkstümlichen Gemütlichkeit an. Das tolle 
Treiben der Rinderstube, die schwärmerische Minne der Jugend, hoch- 
zeitszüge und Rindtaufen, die Last der häuslichen Hrfceit und das Behagen 
des gesegneten Mahles im Familienkreise, das gemütliche deutsche Rneipen- 
leben, die Rot der armen Hütte und den Lchmerz des Trauerhauses — 
das alles und unzähliges andere weiß er mit wenigen empfundenen 
Bleistiftzügen wie ein Gedicht vor uns hinzustellen. Und weil er der 
geborene Maler des deutschen Hauses ist, drum hat er auch den Hund 
so lieb und hat ihn in hundertfältig verschiedener Tharakteristik überall 
seinen Menschen beigesellt und dieses Tier des Hauses origineller, viel¬ 
seitiger und poetischer behandelt als wohl irgendein moderner Meister. 
Mit den drolligen Hunden ist ihm dann auch der deutsche Lpießbürger am 
possierlichsten gelungen. Lin Ehepaar mit einer Rotte Rinder zu zeichnen, 
die nichts weiter tun als am Mittagstisch Rartoffeln essen, und eine solche 
Tiefe der Empfindung, des göttlichen und menschlichen Friedens in ein 
solches Bildchen zu legen, wie es Richter bei mehreren Darstellungen der 
Rrt getan, das vermag nur ein deutscher Meister, der die ganze Bedeutung 
des Hauses für das deutsche Volksleben selber durchgelebt hat. Richter 
legt seine Lzenen wohl auch gern in den Frieden des Waldes oder in die 
weite Landschaft gesegneter Feldfluren oder in heimliche Gartenlauben; 
aber auch da merken wir es seinen idealeren Figuren sogleich an, daß 
sie in einem deutschen Hause daheim sind und den Frieden dieses Hauses 
mitgebracht haben in Wald und Feld und Garten. Richter gibt uns 
jedoch in der Regel nicht geradezu das moderne Haus, er läßt gern 
etwas von der Romantik mittelalterlichen Lebens oder von dem schlichten 
Ernst altväterlicher Zustände in diese neue Welt herüberleuchten. Ja, 
es ist uns manchmal, als gäbe er weniger ein Bild des jetzigen Hauses 
denn ein Märchen vom deutschen Hause, das anhebt mit den Worten: 
,,Es war einmal . . Doch zeichnet er wiederum auch nicht die Ge¬ 
stalten aus der „guten alten Zeit", wie sie wirklich gewesen sind, er 
verschmelzt bloß ihre guten Motive mit den modernen Erscheinungen. 
Lo möchte ich die Litte des Hauses in der Wirklichkeit verjüngen helfen 
durch die Wiederaufnahme der verklärten guten Litten der vergangen¬
	        
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