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Siebenter Abschnitt.
Wettstreite angestellt wurden. In den Gymnasien wur«
den ebenfalls nicht blos körperliche, sondern auch geistige
Uebungen vorgenommen. Wenn die Knaben die ersten
Anfangsgründe erlernt hatten, so erhielten sie sowohl zu
Haus, als in den Schulen, von den Lehrern der Sprach-
kunde Unterricht in der griechischen und lateinischen Sprache.
Man lehrte sie dieselben so, daß sie der Grammatiker,
Dichter und Geschichtschreiber lesen ließ. Im Griechischen
wurde der Anfang gewöhnlich mit dem Homer gemacht.
Ueberdieß erhielten die Jünglinge auch Unterricht in den
freien Künsten, in der Arithmetik, Musik, Male¬
rei, Geometrie rc. Sie betraten auch die Schaubühne,
«m dadurch Declamation und äussern Anstand zu bilden,
(s. S. 180.) Nach der Vollendung dieses Curses erhielten
die jungen Römer Anweisung in der Philosophie und Re¬
dekunst. Die Rhetoren stellten mit ihnen Uebungen im
Lesen guter Redner, in der Zergliederung, Nachahmung
und Recitation derselben an. Vornämlich aber übten sie
dieselben in der De clamation, oder im öffentlichen red-
uerischen Vortrag.
Wenn die Knaben ungefähr das sechzehnte oder sieben¬
zehnte Jahr zurückgelegt hatten, so zogen sie das männ¬
liche Kleid (Tos* ViRiLig) an. Bis auf diese Zeit
trugen sie die Toga praetexta, welche nur die höchsten
Magistrate, als Ehrenzeichen ihrer Würde, tragen durften.
Man wollte sie dadurch während ihrer Knabenzeit erinnern,
daß sie sich zu den höchsten Aemtern im Staat würdig und ge¬
schickt machen müßten. Aber wenn sie das männliche Alter
erreicht hatten, so legten sie die Toga praetexta ab (ponebant
v. deponebant) und zogen die männliche Toga an (sume-
bant v. induebant). Diese Handlung, welche mit vielen feier¬
lichen Umständen verknüpft war, wurde Tirocinivm ge¬
nannt, und gehörte mit zu so vielen andern vortrefflichen Anstal¬
ten und Gewohnheiten bei den Römern, in den Gemüthern
junger Leute große Empfindungen zu erwecken und sie zu
großen Thaten anzufeuern. Der junge Mann, welcher nach
zurückgelegten Jünglingsjahren zu einem neuen Bürger des
Staats aufgenommen werden sollte, begann diesen festlich
frohen Tag (Dies Togae virilis, Suet. Aug. 66.;
oder Oie« Tirocinii, Suet. Tib. 54.) mit brünstigen
Gebeten, Libationen und Opfern von Weihrauch, welche er
mit seinem Amulet (Bulla) den Laren weihte. In dem
Vorhof des Hauses (in ^trio) versammelten sich indessen
«lle Anverwandte, Clienten und Freunde, wünschten dem