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III
5. Schwarzäugige Mädchen beginnen den Tanz;
da sprühen die Fackeln in rötlichem Glanz;
heiss lockt die Guitarre; die Zimbel erklingt,
wie wilder und wilder der Reigen sich schlingt.
6. Dann ruhn sie, ermüdet vom nächtlichen Reih’n;
es rauschen die Buchen in Schlummer sie ein,
und die aus der sonnigen Heimat verbannt,
sie schauen im Traume das südliche Land.
7. Doch wie nun im Osten der Morgen erwacht,
verlöschen die schönen Gebilde der Nacht;
laut scharret das Maultier bei Tagesbeginn;
fortziehn die Gestalten. — Wer sagt dir, wohin?
Emanuel Geibel.
21. Der
1. Lieblich war die Maiennacht;
Silberwölklein flogen,
ob der holden Frühlingspracht
freudig hingezogen.
2. Schlummernd lagen Wies und Hain,
jeder Pfad verlassen;
niemand als der Mondenschein
wachte auf der Straßen.
3. Leise nur das Lüftchen sprach,
und es zog gelinder
durch das stille Schlafgemach
all der Frühlingskinder.
4. Heimlich nur das Bächlein schlich;
denn der Blüten Träume
dufteten gar wonniglich
durch die stillen Räume.
5. Rauher war mein Postillon,
ließ die Geißel knallen,
über Berg und Thal davon
frisch sein Horn erschallen.
6. Und von flinken Rossen vier
scholl der Hufe Schlagen,
die durchs blühende Revier
trabten mit Behagen.
7. Wald und Flur int schnellen Zug
kaum gegrüßt — gemieden,
Postillon.
und vorbei wie Traumesflug
schwand der Dörfer Frieden.
8. Mitten in deut Maienglück
lag ein Kirchhof innen,
der den raschen Wanderblick
hielt zu ernstem Sinnen.
9. Hingelehnt an Bergesrand
war die bleiche Mauer,
und das Kreuzbild Gottes staub
hoch in stummer Trauer.
10. Schwager ritt auf seiner Bahn
stiller jetzt und trüber,
und die Rosse hielt er an,
sah zum Kreuz hinüber:
11. „Halten muß hier Roß und Rad;
mag's euch nicht gefährden!
Drüben liegt mein Kamerad
in der kühlen Erden.
12. Ein gar herzlieber Gesell!
Herr, 's ist ewig schade!
Keiner blies das Horn so hell
wie mein Kamerade.
13. Hier ich inimer halten mich,
dem dort unterm Rasen
zum getreuen Brudergruß
sein Leiblied zu blasen."
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