IV
Vorwort zur ersten Auflage.
aber nur die Erfahrung entscheiden, und diese gewinnt man wohl bei Hun¬
derten von Schulprüfungen jahrein, jahraus! Da sieht und hört man,
wie schwer es ist, einen regelrechten Schacht in eine Dichtung zu legen, um
die Schätze recht zu heben; da merkt man, wie nötig ein Führer ist; da er¬
kennt man auch hier die Wahrheit des Dichterwortes: „Wo viel Frei¬
heit, da viel Irrtum; doch sicher ist der schmale Weg der Pflicht!" Ein
unbekannter oder wenig bekannter Weg geht sich am besten an der Hand
eines Führers, der sich nicht mit allgemeinen Wegangaben begnügt, sondern
selbst durch alle Krümmungen mitgeht. Wieviel Zeit und nutzloses Hin-
und Herirren wird dadurch erspart! Und bleibt dem Lehrer mit dem „Er¬
läuterungswerk" in der Hand nicht iroch genug zu tun übrig? Er hat
sich bei der Vorbereitung in die Gedanken der Ausleger hinein zu denken
und zu leben, dieselben seiner Eigenart gemäß zu gestalten, für seine Schul¬
verhältnisse die passende Auswahl zu treffen, die nur angedeuteten Arbei¬
ten, z. B. Vergleiche, auszuführen, die Fragen zu beantworten, die Hin¬
weise zu suchen und zu verwerten und vor allem seine Herrschaft über den
Stoff und die Sprache sowie die Wärme des Lehrtones als Lernvermittler
in seine Klasse zu bringen.
Weil sich die Verfasser durch das Bedürfnis der Schule und die eigene
Lehr- und Revisionserfahrung die Marschroute für ihre Arbeit haben vor¬
zeichnen lassen, darum sind sie auch ganz selbständig bei den Bearbeitungen
den Weg gegangen, den sie als den richtigen erkannt haben. Dankbar er¬
kennen sie an, daß sie bewährten Meistern auf dem Gebiete der Gedichts¬
behandlung dabei manches schuldig geworden sind; die Originalität ihrer
Arbeiten haben sie sich dadurch aber nicht beeinträchtigen lassen.
Auch Band II wird dem methodischen Gange im allgemeinen treu
bleiben, der in der „Einleitung" zu Band I vorgezeichnet und eingehend
begründet worden ist. Ohne peinlichen Schablonenzwang werden die vier
Stufen: Vorbereitung, Vortrag, Vertiefung und Verwer¬
tung beachtet werden. Einem erfahrenen Schulmanne braucht der Wert
einer festen Gliederung für den Unterricht nicht angepriesen zu werden. Er
weiß, wie dadurch die Arbeit an Planmäßigkeit und Interesse, das Er¬
gebnis an Sicherheit gewinnt. Klare Ziele, sichere Wege und warme
Herzensbeteiligung im Lehrer sind die Bürgen des Unterrichtserfolgs im
Schüler.
Die Unterrichts- und Erziehungsarbeit durch einen der edelsten und
reichhaltigsten Stoffe für Sprechen und Schreiben, Denken und Empfinden,
Wissen und Wollen fruchtbar machen zu helfen, das ist der Zweck unserer
Arbeit. Möge sie Lehrern und Schülern gesegnet sein!
Die Herausgeber.