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des Kaisers und der Lagergottheiten, die sich vor dem Haupttore
und dem Lagerheiligtum erhoben, trugen Kränze, die Altäre waren
mit Bandern und Girlanden behängt. Efeuranken umwanden die
Vorderseite der Zelte und die Eingänge in die Kasematten“) am
Wallgang.
Schon ertônte der Weckruf, und bald kamen die Krieger aus
ihren Behausungen hervor und stellten sich vor der Wohnung des
Befehlshabers in kleinen Abteilungen auf. Noch einmal wurden
Wafsen und Anzug sorgfaltig gemustert, noch einmal die Mahnungen
wiederholt, die Offiziere und Unteroffiziere bereits am Tage vorher
eindringlich genug gegeben, und dann zog Trupp auf Trupp vorüber,
zum Teil an die Heeressstrabe, zum Teil an das hintere Tor, wo der
Herrscher die Parade abnehmen sollte.
Die vierte Stunde des Tages war bereits gekommen, ungeduldig
harrten Soldat und Besehlöhaber der Kommenden. Da verkündeten
langgezogene Tubarufe*), welche die Trompeter auf dem Wehrgang
des Hintertores laut werden lieben, die Ankunst des Kaisers.
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Langs der Heerstrabe hatte sich eine grobe Menschenmenge
angesammelt; es waren die Bewohner des Lagerdorfes, zum Teil
grauköpfige Veteranen**), die, nachdem sie ihre fünfundzwanzig Jahre
gedient hatten, mit dem römischen Bürgerrecht und einem Stück
Ackerland beschenkt worden waren. Ihre kleinen Häuschen, deren
Fachwerkgiebel dort aus dem Grün hervorragten, hatten auch sie aufss
sorgsaltigste mit Blumen und Kränzen geschmüchkt, ja einzelne trugen
kunstlos hingepinselte Begrüßungsaufschristen.
Jetzt waren die Hàuschen leer. Mann und Frau und die Kinder
im Festtagsgewande hatten an der Heerstraße Aufstellung genommen,
um den Kaiser zu begrüben. Sorgfaltig hatten die Frauen im frisch-
gewaschenen, selbstgewirkten Wollkleide ihre blonden Zöpfe
geflochten und um den groben Hornkamm gelegt; manche ließen
auch die Haare über Schulter und Rücken lose herniederwallen.
Wohnungen unter dem Wall.
) Tuba Kriegsposaune.
Ehemalige Krieger.