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welche ihm den Acker zeigten. — „Je," sagten diese, „man kann
immer vor anderen Arbeiten nicht dazu kommen." — Was tat
aber Meister Hämmerlein? So oft er von seinem Acker ging,
las er unterwegs Steine zusammen und schleppte deren oft beide
Arme voll bis zu den Löchern. Die Bauern lachten, daß er,
der selbst kein Gespann hielt, für andere den Weg besserte; aber
ohne sich stören zu lassen, fuhr Meister Hämmerlein fort, jedes¬
mal wenigstens ein paar Steine auf dem Hin- und Herwege in
die Löcher zu werfen, und in etlichen Jahren waren sie ausgefüllt.
„Seht ihr's?" sagte er nun. „Hätte jeder von euch, der leer
die Straße fuhr, auf dem Wege die Steine zusammengelesen,
auf den Wagen geladen und in die Löcher geworfen, so wäre
der Weg mit leichter Mühe in einem Vierteljährchen eben ge¬
worden. Johann Ferdinand Schlez.
11. Ein gutes Rezept.
C*Tn Wien der Kaiser Joseph war ein weiser und wohltätiger
^ Monarch, wie jedermann weiß; aber nicht alle Leute wissen,
wie er einmal der Doktor gewesen ist und eine arme Frau
kuriert hat. Eine arme, kranke Frau sagte zu ihrem Büblein:
„Kind, hol mir einen Doktor, sonst kann ich's nimmer aus¬
halten vor Schmerzen." Das Büblein lief zum ersten Doktor
und zum zweiten; aber keiner wollte kommen; denn in Wien
kostet ein Gang zu einem Patienten einen Gulden, und der
arme Knabe hatte nichts als Tränen, die wohl im Himmel
für gute Münze gelten, aber nicht bei allen Leuten auf der
Erde. Als er aber zum dritten Doktor auf dem Wege war
oder heim, fuhr langsam der Kaiser in einer offenen Kutsche
an ihm vorbei. Der Knabe hielt ihn wohl für einen reichen
Herrn, ob er gleich nicht wußte, daß es der Kaiser war, und
dachte: „Ich roill's versuchen." „Gnädiger Herr," sagte er,
„wollt Ihr mir nicht einen Gulden schenken? Seid so barm¬
herzig!" Der Kaiser dachte: „Der saßt's kurz und denkt:
Wenn ich den Gulden auf einmal bekomme, so brauch' ich
nicht sechzigmal um den Kreuzer zu betteln." „Tut's ein
Käsperlein oder zwei Zwanziger nicht auch?" fragte ihn der
Kaiser. Das Büblein sagte: „Nein!" und offenbarte ihm, wozu