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Frau Berta fällt zu Füßen ihm,
das bleiche Frauenbild.
Da regt sich plötzlich der alte
Grimm,
er blickt sie an so wild.
Frau Berta senkt die Augen
schnell,
kein Wort zu reden sich traut.
Klein Roland hebt die Augen
hell,
den Öhm begrüßt er laut.
Da spricht der König in mil¬
dem Ton:
„Steh’ auf, du Schwester mein!
Um diesen deinen lieben
Sohn
soll dir verziehen sein.“
IN. Roland
Der König Karl saß einst
zu Tisch
zu Aachen mit den Fürsten;
man stellte Wildbret auf und
- Fisch
und ließ auch keinen dürsten.
Viel Goldgeschirr von klarem
Schein,
manch’ roten, grünen Edelstein
sah man im Saale leuchten.
Da sprach Herr Karl, der
starke Held:
„Was soll der eitle Schimmer?
Das beste Kleinod dieser Welt,
das fehlet uns noch immer.
Dies Kleinod, hell wie Sonnen¬
schein,
ein Riese trägt’s im Schilde
sein
tief im Ardennerwalde.“
Frau Berta hebt sich freuden¬
voll:
„Lieb Bruder mein, wohlan!
Klein Roland dir vergelten soll,
was du mir Gut’s getan.
Soll werden, seinem König
gleich,
ein hohes Heldenbild;
soll führen die Färb’ von man¬
chem Reich
in seinem Banner und Schild.
Soll greifen in manches Kö¬
nigs Tisch
mit seiner freien Hand;
soll bringen zu Heil und Ehre
frisch
sein seufzend Mutterland.“
Ludwig Uhland.
Schildträger.
Graf Richard, E.rzbischof
Turpin,
Herr Haimon, Naims von
Bayern,
Milon von Anglant, GrafGarin,
die wollten da nicht feiern.
Sie haben Stahlgewand begehrt
und hießen satteln ihre Pferd’,
zu reiten nach dem Riesen.
JungRoland,Sohn desMilon,
sprach:
„LiebVater, hört, ich bitte!
Vermeint Ihr mich zu jung und
schwach,
daß ich mit Riesen stritte,
doch bin ich nicht zu winzig
mehr,
Euch nachzutragen Euern
Speer
samt Eurem guten Schilde.“