Object: Deutsches Lesebuch für die Oberstufe mehrklassiger Schulen

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Weges und gieng dabei selber mit gutem Beispiel voran. Nachdem so das 
Thal gereinigt und trocken gelegt, überall bepflanzt und blühend geworden 
war, gieng Oberlin's Sorgfalt auch weiter ins Innere der Ortschaften 
selber und in den Bau der Häuser ein. Schon früher hatte er seine 
Bauern gelehrt, den Dünger, welcher vorher nur ein ekelhafter Schmutz 
um die Häuser her gewesen war, in besondern Gruben aufzubewahren und 
für den Ackerbau zu benützen, und dies hatte zur äußern Reinlichkeit vieles 
gewirkt; jetzt entstanden denn auch durch seinen Betrieb allmählich statt 
der schmutzigen verfallenen Hütten reinliche, steinerne Häuser, die auch 
großentheils mit gemauerten Kellern zum Aufbewahren der Kartoffeln 
versehen waren. Schubert. 
343. Wo nichts ist, kommt nichts hin. 
Was nicht ist, das kann werden. 
Von zwei unbemittelten Brüdern hatte der eine keine Lust und keinen Mut, 
etwas zu erwerben, weil ihm das Geld nicht zu den Fenstern hineinregnete. Er 
sagte immer: „Wo nichts ist, kommt nichts hin.“ Und so war es auch. Er 
blieb sein Leben lang der arme Bruder Wonichtsist, weil es ihm nie der Mühe 
werth war, mit einem kleinen Ersparnis den Anfang zu machen, um nach und 
nach zu einem grösseren Vermögen zu kommen. So dachte der jüngere Bruder 
nicht. Der pflegte zu sagen: „Was nicht ist, das kann werden.“ Er hielt das 
Wenige was ihm von der Verlassenschaft der Eltern zu Theil geworden war, zu 
Bath und vermehrte es nach und nach durch eigenes Ersparnis, indem er fleissig 
arbeitete und eingezogen lebte. Anfänglich gieng es hart und langsam. Aber 
sein Sprichwort: „Was nicht ist, das kann werden“, gab ihm immer Mut und 
Hoffnung. Mit der Zeit gieng es besser. Er wurde durch unverdrossenen Fleiss 
und Gottes Segen noch ein reicher Mann und ernährt jetzt die Kinder des armen 
Bruders Wonichtsist, der selber nichts zu heissen und zu nagen hat. 
Hebel. 
344. Ter Winter. 
Der Winter ist ein rechter Mann, 
Kernfest und auf die Dauer; 
Sein Fleisch fühlt sich wie Eisen an 
Und schmeckt nicht süß, nicht sauer. 
War je ein Mann gesund wie er? 
Er krankt und kränkelt nimmer; 
Er trotzt der Kälte, gleich dem Bär, 
Und schläft im kalten Zimmer. 
Aus Blumen und aus Vogelsang 
Weiß er sich nichts zu machen, 
Haßt warmen Trank und Liedcrklang 
Und alle warmen Sachen. 
Doch wenn die Füchse bellen sehr, 
Wenn's Holz im Ofen knittert, 
! Und um den Ofen Knecht und Herr 
Die Hände reibt und zittert; 
Wenn Stein und Bein vor Frost zerbricht, 
Und Teich und Seen krachen: 
Das klingt ihm gut, das haßt er nicht, 
Dann will er todt sich lachen. 
Sein Schloß von Eis liegt weit hinaus 
Beim Nordpol an dem Strande; 
Doch hat er auch ein Sommerhaus 
Im lieben Schweizerlande. 
Da ist er denn bald dort, bald hier, 
Gut Regiment zu führen; 
j Und wenn er durchzieht, stehen wir 
1 Und sehn ihn an und frieren. 
M. Claudius. 
345. vie drei grossen christlichen Feste. 
1. 0 du fröhliche, o du selige, 
Gnadenbringende Weihnachtszeit! 
Welt gieng verloren, 
Christ ist geboren: 
Freue, freue dich, o Christenheit! 
2. 0 du fröhliche, o du selige, 
Gnadenbringende Osterzeit! 
Welt lag in Banden, 
Christ ist erstanden; 
Freue, freue dich, o Christenheit! 
3. 0 du fröhliche, o du selige, 
Gnadenbringende Pfingstenzeit! 
Christ, unser Meister, 
Heiligt die Geister: 
Freue, freue dich, o Christenheit. 
J. Falk.
	        
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