Full text: Deutsches Lesebuch für die Oberstufe mehrklassiger Schulen

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unaufhörlichen Wechsel hervorzubringen, den wir tagtäglich in der 
Natur um uns her gewahren, und um durch sie ununterbrochen 
aus dem Tode immer wieder neues Leben hervorzurufen. 
Die Chemie lehrt den Apotheker Arzneimittel darzustellen; sie 
lehrt den Arzt, mit diesen Arzneimitteln Krankheiten zu vertreiben; 
sie zeigt dem Bergmann nicht nur die in Gesteinen versteckten 
Metalle, sondern sie hilft sie ihm auch ausschmelzen und verar¬ 
beiten. Im Bunde mit der Naturlehre hat sie innerhalb der letzt¬ 
verflossenen Jahrzehnte viele Künste und Gewerbe zu einer ausser¬ 
ordentlichen Ausbildung gebracht. 
In der neuesten Zeit hat sich die Chemie besonders auch auf 
die Erforschung der Bestandtheile der organischen Naturkörper, der 
Pflanzen und Thiere gerichtet und auf die Beobachtung der Vor¬ 
gänge, welche in diesen während ihres Lebens, wie nach ihrem 
Tode stattfinden. Woraus bestehen diese Körper? Woher erhalten 
sie ihre Bestandtheile, ihre Nährmittel? Welche Veränderungen 
müssen diese in dem lebenden Körper der Thiere und Pflanzen er¬ 
fahren, um die Ernährung und das Wachsthum derselben zu be¬ 
wirken? Wie ist man im Stande, dieses Wachsthum zu beschleu¬ 
nigen? Diese Fragen sind es hauptsächlich, welche die chemische 
Forschung zu beantworten sich bemüht. Darin liegt auch der 
Nutzen der Chemie für den Landwirt; denn sie ist es ja allein, 
welche ihm die Bestandtheile seines Ackerlandes anzeigt, welche 
ihn bekannt macht mit den Nahrungsmitteln der Pflanzen, die er 
auf diesem Lande erbauen will, und mit den Mitteln, durch welche 
er die Fruchtbarkeit seiner Felder zu erhöhen vermag. 
StÖckhardt. 
402. Der Affe. 
Unter allen Thieren steht dein Menschen körperlich der Affe am 
nächsten; ob auch geistig, muß bezweifelt werden. Denn alle edleren 
Eigenschaften, welche man bei anderen Thieren bemerkt, scheinen gerade 
dem Affen zu fehlen. Er ist zornig, tückisch, launenhaft, undankbar, frech, 
rachsüchtig und besitzt fast nicht eine Tugend, durch welche er sich dem Menschen 
wahrhaft nützlich machte. Denn die Possenreißerei und die Nachahmungs¬ 
sucht dienen höchstens zur Belustigung von Kindern. Man hat deshalb 
mit Recht gesagt: Der Affe stellt den Menschen von seiner schlechten Seite 
dar. Indessen ist unter den Affen selbst wieder ein außerordentlicher 
Unterschied, denn ihre Arten sind zahlreicher als die der meisten anderen 
Thiergeschlechter. — Alt eingefangene Affen sind oft so unbändig, daß 
man sie nicht dulden mag, oder sterben vor Traurigkeit über den Verlust 
ihrer Freiheit. Die jung aufgezogenen sind anfangs gelehrig und sanft, 
bald aber kehrt ihre ursprüngliche Art zurück, so daß manche mit ihrem 
Gebiß geradezu gefährlich werden. Man hat sie mannigfaltig eingetheilt 
in Nachtaffen und Tagaffen, je nach der Zeit, wo sie ihrer Nahrung nach¬ 
gehen; oder in geschwänzte und ungeschwänzte. Unter den geschwänzten 
hat man wieder die langschwänzigen Meerkatzen und die kurzschwänzigen Paviane 
unterschieden. Aber im ganzen ist es dieselbe Affennatur von den dem 
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