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teilet davon aus und verwaltet es wohl und weislich.“ Darauf starb er, und
es geschah, wie er gesagt hatte.
Also bestehet der Gotteskasten seit hundert Jahren zum Trost der Be—
dürftigen, und des Mannes Andenken bleibt in Segen.
1423236. Die kleine Wohlthäterin.
Krummacher.)
Es war ein kalter, strenger Winter. Da sammelte die Lleine Minna,
die einzige Tochter wohblthätiger Eltern, dié Krümchen und Brosamen, die
übrig blieben, und bewahrte sie. Dann ging sie hinaus, zweimal am Tage,
10 auf den Hof und streute dié Krümchen hin. Und die Vöglein fogen her-
bei und piekten sie auf. Dem Madchen aber zitterten dié Hände vor
EFrost in der bittern Ralte.
Da belauschten sie die Eltern und freueten sich des lieblichen An-
blicks und sprachen: „Warum thust du das, Minna?“
15 „Es ist ja alles mit Schnee und Eis bedeckt,“ antwortete Mina,
„dass die Tierchen nichts finden können; nun sind sie arm. Darum füttere
ich sie, sowie dis reichen Menschen die armen unterstützen und ernähren.“
Da sagte der Vater: „Aber du kannst sie doch nicht alle versorgen?“ —
Die kleine Minna antwortetôé: „Ihun denn nicht alle Kinder in der ganzen
20 MWolt wie ich, so wie auch ja alle reichen Leuteé die armen verpflegen?“
Der Vater aber blickte dié Mutteèr des Magdleins an und sagte: „O
du heilige Linfalt!“
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237. Das Almosen.
Eagenbaeh.)
Als einst dureh Sachsens reiche Fluren
Herr Luther und Herr Jonas fuhren,
hing sich ein lumpiger Bettelmann
an ihren geistlichen Wagen an,
und keuchend folgt er dem raschen Trabe,
bittet bie Herrn um eine Gabe.
Herr Luther fuhr schnell in die Taschen,
und wie er's eben mocht' erhaschen,
warf er zwei Groschen wohblgemut
dem armen Schelnen in den Eut.
Herr Jonas bracht's nicht so sehnell zuvege,
er ziehet ein Beutelchen aus der Ficke
und mustert die Groschen- und Dreierstücke,
auch pruft er strenge das Gepräge
von jeder Seit' mit scharfem Blicke,
und erst nach langem Drebn und Wenden
entlässt er den Dreier seinen Händen.
Und weiter rollte der geistliche Wagen.
„Wer weils,“ hub Jonas an zu sagen,
„wo Gott die Gabe wird vergelten,
sei's hier niebt,. doch in bessern Welten.“