Full text: Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen

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182. Chemische Grundbegriffe. 
Es tritt aber eine Verbindung der Atome nicht zwischen allen Elementen 
ein. Manche Elemente vereinigen sich gar nicht, andere sehr leicht. Man 
nimmt deshalb eine Kraft an, welche die Atome aneinander zieht, und heißt 
diese chemische Anziehungskraft, chemisches Einigungsstreben, 
Affinität. Die Affinität eines Elements wirkt nicht auf alle anderen Körper 
gleich stark. So findet man, wenn zerteilter Zinnober mit fein zerteiltem 
Eisen vermischt und erhitzt wird, daß der Schwefel des Zinnobers an das 
Eisen übergeht und sich mit ihm verbindet; daß also das Quecksilber aus— 
geschieden wird. Hieraus folgt, daß der Schwefel eine stärkere Anziehung 
zum Eisen als zum Quecksilber hat. Wirft man ein Stück Kalium auf Wasser, 
so vereinigt sich der Sauerstoff mit demselben, und der Wasserstoff wird 
frei. Es zeigt also der Sauerstoff eine größere Affinität zum Kalium als 
zum Wasserstoff. 
Wenn man Elemente (oder andere Körper) mechanisch mischt, so können 
dieselben, wie wir oben gesehen, in verschiedenen Mengen genommen werden. 
Bei der chemischen Verbindung ist dies anders. Es verbindet sich ein 
Element mit einem andern nur in ganz bestimmtem unab— 
änderlichen Gewichtsverhältnisse, so besteht Wasser immer aus 
2 Gewichtsteilen Wasserstoff und 16 Gewichtsteilen Sauerstoff. Welches 
reine Wasser man auch chemisch zerlege, stets findet man dieses Verhältnis. 
Ungefälschter Zinnober besteht aus 200 Gewichtsteilen Quecksilber und 
32 Gewichtsteilen Schwefel. Will man aus beiden Elementen Zinnober 
gewinnen und hat man mehr von dem einen, so bleibt dieses Mehr un— 
verbunden. Ebenso unabänderlich besteht das Kochsalz aus 23 Gewichtsteilen 
Natrium und 35 Gewichtsteilen Chlor. 
Es gründet sich dies auf das verschiedene Gewicht der Atome. Diese 
selbst kann man freilich nicht wiegen; aber durch viele Versuche hat man 
das Atomgewicht der verschiedenen Elemente ermittelt, und zwar im Ver— 
hältnis zum Atomgewicht des Wasserstoffs, das man — 1 annimmt; so 
z. B. ist das Atomgewicht des Sauerstoffs 16, des Schwefels 32, des 
Phosphors 31, des Kupfers 63, des Quecksilbers 200 u. s. w. Zwischen 
manchen Elementen gibt es nur eine Verbindung, wie z. B. zwischen Chlor 
und Wasserstoff, andere vereinigen sich in mehreren Verhältnissen mit 
einander, z. B. der Kohlenstoff mit Sauerstoff; hier existieren zwei Ver— 
bindungen: das Kohlenoxyd und die Kohlensäure. In diesem Falle gilt das 
Gesetz der vielfachen Verbindungs-Verhältnisse, wonach bei 
gleicher Menge des einen Stoffs die Menge des andern 
in den verschiedenen Verbindungen in einem Vielfachen von 
dessen Atomgewicht besteht. So verhalten sich die Sauerstoffmengen in 
obigen beiden Verbindungen, dem Kohlenoxyd und der Kohlensäure, wie 1:2, 
d. h. im Kohlenoxyd, jenem giftigen Gas, das überall da entsteht, wo Kohlen 
unter mangelndem Luftzutritt verbrennen, ist nur halb soviel Sauerstoff 
enthalten, als in der Kohlensäure, und jenes ist daher befähigt, noch 1 Atom 
Sauerstoff aufzunehmen, um zu Kohlensäure zu werden.
	        
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