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Vorwort.
kündigt. Das Auge des Schülers muß daher gebildet werden, diese Schön-
heiten auch im Kleinen zu entdecken. Ein Auge, das jedes Käferchen be-
lauscht, jedem Blümchen einen Gruß zuwinkt uud jedem Steine eine Frage
vorlegt, wird in der Natur seiner Heimat einen unerschöpflichen Quell edlen
Genusses finden.
Erfahrung und Umgang sind die beiden Quellen, aus welchen der
größte Teil unseres Wissens fließt.
Daraus folgt, daß die Schüler durch planmäßig angelegte und zweck-
entsprechend ausgeführte Spaziergänge, die der Lehrer mit seiner ganzen
Klasse unternimmt, zu einem freundlichen Umgange mit der Natur ihrer
Heimat gewöhnt werden.
Von jedem Ausfluge, jedem Spaziergange bringt dann das Kind einen
Strauß neuer interessanter Vorstellungen mit nach Hause. „Das ist die
Zeit, in der der Mensch vorzugsweise perzipiert, d. h. seine Umgebung
wahrnehmend erfaßt und erforscht, die Zeit, da die Heimat seine Seele
erfüllt und versorgt mit jenen sinnlichen Anschauungen, jenen Vorstellungs-
dementen, welche die Grundlage aller späteren Bildung darstellen." (Lange.)
Aus den Ausflügen werden die Naturkörper an dem Orte ihres Vor-
kommens aufgesucht, Begriffe, wie Wiese, Wald, Feld inhaltsvoller gemacht
und die geographischen Objekte der Heimat mit allen ihren Teilen und
Merkmalen aufgefaßt. In den nächsten Unterrichtsstunden werden die ge-
wonnenen Anschauungen reproduziert und als bleibende Vorstellungen im
Geiste des Kindes festgelegt.
Allerdings ist die zweckmäßige Leitung dieser Ausflüge keine leichte
Sache. Sie setzt ein feines Taktgefühl, sichere Beobachtung, Kenntnis der
EntWickelung des kindlichen Geistes und ein ausgebildetes Lehrgeschick voraus.
Erfüllen sich aber diese Voraussetzungen, dann wird der heimatkundliche
Unterricht in hervorragender Weise das Wollen beeinflussen und somit zum
erziehenden Unterricht werden. Der Unterricht pflegt die Beobachtung, das
Nachdenken, den Sinn für das Schöne, das Mitgefühl, den Gemeinsinn und
die religiöse Erhebung. Das Kind gehört einer Gemeinschaft an, wo ein
Glied das andere heben und tragen soll. „Da gedeihen die Blumen der
Freundschaft und treuer Pietät, da vermag am sichersten sich ein sittlicher
Charakter zu entwickeln." (Lange.) Der Unterricht erweckt das rechte
Interesse und Lust und Freude an der Arbeit. Die Schüler werden durch
Selbsttätigkeit zur Selbständigkeit geführt und somit wird das höchste Ziel
des Unterrichts erstrebt: Erziehung zur sittlichen Freiheit.
Unsere Zöglinge werden weder jetzt noch in ihrem späteren Leben teil-
nahmlos oder gar frevelnd an der Schönheit der Natur vorübergehen; sie
werden ihre Heimat schätzen und lieben lernen und die Irrlehren jener
Heimatlosen, die zielbewußt bemüht sind, das heiligste Gefühl in der Menschen¬
brust, die Heimat liebe, zu ersticken, mit Standhaftigkeit zurückweisen.
Robert Wernecke.