Vorwort zur ersten Auflage
Trotz der wachsenden Ausdehnung des geschichtlichen Pensums,
mit dem der Gebildete sich bekannt zu machen hat, dürften die hier
gebotenen Karten über die Entwicklung der größeren Staaten
Deutschlands doch nicht entbehrlich sein, und gälte es auch nur die¬
jenigen Kenntnisse klarer zu gestalten, die in der deutschen Geschichte
doch erworben werden müssen. Die Vorstellungen, wie sie bislang mit
den Begriffen Sachsen, Hessen, Pfalz usw. verbunden werden, sind doch
meist so schwankend und selbst verworren, daß sie zum Verstehen der
Vorgänge nicht genügen. Und die historischen Karten, die hier aus¬
helfen sollten, überraschen allerdings durch die Fülle des Stoffes und
dessen Zuverlässigkeit. — Aber der praktische Nutzen dieser zahlreichen
und vielbietenden Karten hält mit der Güte nicht gleichen Schritt;
das Bild ist viel zu bunt. Bestimmte, zur Einprägung geeignete
Vorstellungen lassen sich daraus kaum gewinnen, und soll rasch ge¬
arbeitet werden, wie dies namentlich bei Wiederholungen nötig, dann
versagen sie vollends.
Aus diesen und anderen Gründen dürfte die Herstellung einfacherer
Karten, wie wir sie für den Werdegang der größeren Staaten bereits
besitzen, auch für den der minder großen vollauf gerechtfertigt sein.
Es genügt aber nicht, daß jeder nur das Entstehen seines besonderen
„Vaterlandes“ kenne. Er muß auch in der Lage sein, die Entwicklung
der verschiedenen Staaten nebeneinander zu verfolgen. Der Preuße
muß auch das Großwerden Bayerns verstehen, und selbst das Werden
von Sachsen, Baden, Hessen sollte jeder Deutsche leicht übersehen
können. Der steigende Verkehr bringt die Bewohner der verschiedenen
deutschen Staaten in immer engere Beziehungen, und das Zusammen¬
wachsen des endlich geeinigten Deutschlands macht die Kenntnisnahme
doch wohl zur Pflicht. Jetzt muß der Norddeutsche doch mehr vom
Süddeutschen und der Süddeutsche vom Norddeutschen wissen, als wie
bisher. Das verlangt die Bedeutung, die geschichtlich jeder Teil für das
Ganze hat, und das fordert insbesondere die nahe Beziehung, in der die
Glieder des Deutschen Reiches jetzt zueinander stehen.
Das Ziel dieser Karten, welche das Werden der größeren Staaten
aus den Stammesherzogtümern bis heute und nicht minder auch ihre
Stellung zueinander verfolgen, ist demnach, das Verständnis dieser Ent¬
wicklung leicht zu machen. Neue Tatsachen sind nicht mitgeteilt;
unsere Atlanten enthalten vielfach dasselbe. Neu aber dürfte die Über¬
sichtlichkeit sein. Zu diesem Zwecke ist auf Folgendes gehalten:
1. Es ist immer nur die Entwicklung einzelner bestimmter Staaten
vorgeführt.
2. Es sind die Zeiten ausgesucht, in denen besonders charakteristische
Veränderungen eintraten.