Drittes Grab.
Zu Ottensen, von Linden
beschattet, ans dem Plan
ist noch ein Grab zu finden,
dem soll, wer trauert, nahn.
Dort in der Linden Schauer
soll lesen er am Stein
die Inschrift, daß die Trauer
ihm mag gelindert fein.
Mit seiner Gattin lieget
und ihrem Sohne dort
ein Sänger, der besieget
den Tod hat durch ein Wort.
Es ist der fromme Sänger,
der sang des Heilands Sieg,
zu dem er, ein Empfänger
der Palm', im Tod entstieg.
Es ist derselbe Sänger,
der auch die Hermannsschlacht
sang, eh' vom neuen Dränger
geknickt war Deutschlands Macht.
Ich hoffe, daß in Frieden
er ruht' indes in Gott,
nicht sah bei uns hienieden
des Feinds Gewalt und Spott.
Und so auch ruht' im Grabe
sein nnverstört Gebein,
als ob geschirmt es habe
ein Engel vorm Entweihn.
Es sind der Jahre zehen
voll Druck und Tyrannei,
voll ungestümer Wehen
gegangen dran vorbei;
sie haben nicht die Linden
gebrochen, die noch wehn,
und nicht gemacht erblinden
die Schrift, die noch zu sehn.
Wohl hat, als dumpfer Brodem
der Knechtschaft uns umgab,
ein leiser Freiheitsodem
geweht von diesem Grab.
Wohl ist, als hier den Flügel
die Freiheit wieder schwang,
o Klopstock, deinem Hügel
enttönt ein Freudenklang.
Und wenn ein sinn'ger Walter
umher die Gräber jetzt
beschaut, tret' er nach aller
Beschaun an dies zuletzt.
Wenn dort ein trübes Stöhnen
den Busen hat geschwellt,
so ist als zum Versöhnen
dies Grab hierher gestellt.
Die Thränen der Vertriebnen,
des Feldherrn dumpfe Gruft
verschwinden vorm beschriebnen
Stein dunterm Linendnst,
wo wie in goldnen Streifen
das Wort des Sängers steht:
„Saat von Gott gesä't,
dem Tag der Garben zu reifen."