Full text: Von Alexander d. Gr. bis Christus (Bd. 3)

Sechster Zeitraum. 
führen, D daß sie jeden Krieg mit Glück beendigten, und 
von keinem Volke eher abließen, als bis es unterjocht war, 
und 3) daß sie sich niemals durch die Frage irre machen 
ließen, ob es auch recht sei, sich in fremde Händel zu mi— 
schen, sich fremdes Gut zuzueignen, und Millionen von 
Menschen darüber aufzuopfern. Doch diese Gewissensfrage 
ist Eroberern noch nie eingefallen, ja die Römer holten sich 
zu jedem Blutbade, das anrichteten, erst den Willen der 
Götter ein, der denn auch in den Eingeweiden der Opfer— 
thiere jedesmal deutlich zu lesen war. 
Noch währte der mehr als fünfzigjährige Krieg mit 
den Samnitern fort. Ehe wir weiter gehen, muß ich 
aus demselben doch noch einen merkwürdigen Vorfall erzählen. 
8 2. 
Dit caudinischen Pässe. 
(321 v. Chr.) 
Einmal zogen die Consuln Postumius und Veturius 
Calvinus gegen die Samniter aus, mit dem Kern der 
römischen Macht, und lagerten sich bei Calatia. Hier fin— 
gen sie auf dem Felde einige Hirten auf, welche aber ver— 
kappte samnitische Soldaten aus dem Heere des Pontius 
waren, und fragten sie, wo die samnitischen Legionen stän— 
den. „In Apulien — sagten diese — sie belagern Luce— 
ria.“ Das durften die Römer nicht leiden, denn Luceria 
war eine befreundete Stadt. Geschwind auf dem kürzesten 
Wege nach Luceria, ehe wir zu spät kommen! Der Zug 
ging durch ein gras- und wasserreiches Thal bei der Sam— 
niterstadt Caudium, das, von einem hohen Waldgebirge 
umkränzt, nur einen Eingang, und gegenüber nur eimen 
Ausgang hatte. Sorglos zogen die Römer in die Schlucht. 
Als sie an den Ausgang kommen, ist derselbe durch Bäume 
und Felsenstücke gesperrt, und zugleich erscheint das samni— 
tische Heer rings herum auf den Anhöhen. Schnell kehren 
die Römer nach dem Eingange zurück, aber dieser ist eben— 
falls gesperrt. Wie vom Donner getroffen stehen die stolzen 
Römer da, schweigend sieht der eine den andern an, und 
man hört nur das laute Spotten der Samniter, die schon
	        
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