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ging die Bewegung. Verlassen wurde die Pflugschar, der
Kaufladen, die Schreibstube; der Sohn des Fürsten und
Ministers wie der ärmste Taglöhner traten in demselben
Heere für das bedrohte Vaterland ein, und vieltausendstimmig
erbrauste der Gesang:
„Lieb Vaterland, magst ruhig sein:
Fest steht und treu die Wacht am Rhein!"
3. Ausbruch des Krieges. — Mit unglaublicher
Raschheit waren, kaum vierzehn Tage nach der Kriegs¬
erklärung, drei deutsche Heere, 400,000 Mann stark,
an der Grenze von Trier bis Landau ausgestellt. Die
erste Armee, in der Gegend von Trier, befehligte der
alte General Steinmetz; die zweite Armee, welche
bei Kaiserslautern stand, führte der kriegserprobte Prinz
Friedrich Karl, die dritte Armee endlich, zu der
außer den preußischen Kriegern die Bayern, die Württem-
berger und die Badener gehörten, rückten unter dem Befehl
des ritterlichen Kronprinzen von Preußen von
Speier und Landau her gegen das Elsaß an. Die Ober¬
anführung der gesamten Streitmacht hatte der König Wil¬
helm selbst in die Hand genommen, und als Haupt
des Generalstabs stand ihm wieder General Moltse, der¬
den Kriegsplan schuf, zuseite. Das französische Heer be¬
fehligte der Kaiser Napol eo n; seine gepriesenen Marschälle
Mac Mahon, Bazaine und mehrere hervorragende
Generale führten die einzelnen Abteilungen. Am 2. August
begannen die französischen Truppen über die deutsche. Grenze
einzufallen. Es war ein sonderbares Schauspiel. 30,000
Franzosen griffen die offene Grenzstadt Saarbrücken an,
die von kaum 1400 Preußen besetzt war. Aber das Häuflein
Preußen verteidigte sich mit rühmlicher Ausdauer gegen die
zwanzigfache Übermacht: erst nach stundenlangem zähen Wider¬
stände räumte es in geordnetem Rückzüge die Stadt. So
hatte der Feind den deutschen Boden betreten; aber nur, um
ihn alsbald wieder zu verlassen.
4. Die Schlachten bei Weißenburg und Wörth.
— Am 4. August überschritt die dritte deutsche Armee
unter dem Kronprinzen bei der elsässischen Stadt Weißen-
b u r g die französische Gränze. Die Stadt selbst und der