Full text: Von der Entstehung eines selbständigen deutschen Reichs bis zu Karl V. 843 - 1519 (Theil 2)

Deutschland unter eigenen Königen. 
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Widukind erzählt, sagte: „er halte sich solcher. Ehre nicht für wert; 
ihm genüge es, zum König gewählt zu sein." 
Die Wahl des Sachsen Heinrich war, abgesehen von der starken 
Hausmacht, die er dem Königtum zubrachte, auch deshalb bedeutsam, 
weil rum erst der Sachsenstamm, der sich bis jetzt immer noch mehr 
nur als dem Frankenreich gewaltsam einverleibt betrachtet hatte, das 
Gefühl der vollen Znbehörigkeit zum Reiche erhielt. 
Auch Heinrich hatte Kämpfe mit unbotmäßigen Großen zu 
bestehen. Aber er wußte sie teils durch rasche Machtentfaltung zur 
Unterwerfung zu bringen, wie den Herzog Burchard von Schwaben, 
teils durch seine ebenso gewinnende wie imponierende Persönlichkeit zu 
ihrer Pflicht zurückzuführen, zugleich durch kluge Zugeftändniffe mit sich 
auszusöhnen, wie Arnulf von Bayern, dem er die Besetzung der Bi¬ 
schofsstühle in seinem Herzogtum überließ und mit dessen Tochter er 
seinen jüngern Sohn Heinrich vermählte; oder er wartete seine Zeit 
ab, so rücksichtlich Lothringens, welches seit Arnulfs Tod an 
Frankreich gefallen war. Als der dortige Herzog Reginar ftarb, 
gelang es ihm, dessen Sohn Giselbert wieder auf die deutsche 
Seite herüberzuziehen. Er gab ihm seine Tochter Gerberga zur Ge¬ 
mahlin. 
Seine ganze Kraft wandte nun Heinrich auf die Sicherung 
Deutschlands nach außen. Gegen die Slawen hatte er schon als 
Herzog siegreich gekämpft. Gegen die Ungarn, welche 924 in 
Sachsen einfielen, war er anfangs fo glücklich nicht. Unfähig, ihnen die 
Spitze zu bieten, mußte er sich in seine Burg bei Goslar einschließen 
und sein Land verheeren lassen, ja sogar mit einem Tribut einen neun¬ 
jährigen Waffenstillstand erkaufen. Diefe Zeit benutzte er, um sich 
auf einen entscheidenden Kampf mit diesem wilden Volke vorzubereiten. 
Er legte an den östlichen Grenzen des Reichs feste Plätze, Burgen, 
an und versah sie mit Besatzungen, indem er von den Dienstmannen 
auf seinen Gütern je den nennten Mann in eine solche Burg ziehen, 
die andern für dessen Verpflegung forgen hieß. Diese Burgen wur¬ 
den zu Mittelpunkten eines lebhaften Handelsverkehrs und wuchsen 
allmählich zu Städten heran, so Merseburg, Quedlinburg, Goslar.*) 
Weil ferner die Ungarn, als wohl beritten, mit Fußvolk nicht leicht zu 
bekämpfen waren, fo organisierte er eine zahlreiche, gutgerüftete Reiterei 
und übte sie regelmäßig in der Handhabung der Waffen und der 
*) Man hat deshalb H.inrich den „Städteerbauer" genannt. Doch wird 
sich weiter unten zeigen, daß weder die ersten noch die wichtigsten Städte in Deutsch¬ 
land ihren Ursprung ihm verdanken.
	        
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