Deutschland unter eigenen Königen.
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Widukind erzählt, sagte: „er halte sich solcher. Ehre nicht für wert;
ihm genüge es, zum König gewählt zu sein."
Die Wahl des Sachsen Heinrich war, abgesehen von der starken
Hausmacht, die er dem Königtum zubrachte, auch deshalb bedeutsam,
weil rum erst der Sachsenstamm, der sich bis jetzt immer noch mehr
nur als dem Frankenreich gewaltsam einverleibt betrachtet hatte, das
Gefühl der vollen Znbehörigkeit zum Reiche erhielt.
Auch Heinrich hatte Kämpfe mit unbotmäßigen Großen zu
bestehen. Aber er wußte sie teils durch rasche Machtentfaltung zur
Unterwerfung zu bringen, wie den Herzog Burchard von Schwaben,
teils durch seine ebenso gewinnende wie imponierende Persönlichkeit zu
ihrer Pflicht zurückzuführen, zugleich durch kluge Zugeftändniffe mit sich
auszusöhnen, wie Arnulf von Bayern, dem er die Besetzung der Bi¬
schofsstühle in seinem Herzogtum überließ und mit dessen Tochter er
seinen jüngern Sohn Heinrich vermählte; oder er wartete seine Zeit
ab, so rücksichtlich Lothringens, welches seit Arnulfs Tod an
Frankreich gefallen war. Als der dortige Herzog Reginar ftarb,
gelang es ihm, dessen Sohn Giselbert wieder auf die deutsche
Seite herüberzuziehen. Er gab ihm seine Tochter Gerberga zur Ge¬
mahlin.
Seine ganze Kraft wandte nun Heinrich auf die Sicherung
Deutschlands nach außen. Gegen die Slawen hatte er schon als
Herzog siegreich gekämpft. Gegen die Ungarn, welche 924 in
Sachsen einfielen, war er anfangs fo glücklich nicht. Unfähig, ihnen die
Spitze zu bieten, mußte er sich in seine Burg bei Goslar einschließen
und sein Land verheeren lassen, ja sogar mit einem Tribut einen neun¬
jährigen Waffenstillstand erkaufen. Diefe Zeit benutzte er, um sich
auf einen entscheidenden Kampf mit diesem wilden Volke vorzubereiten.
Er legte an den östlichen Grenzen des Reichs feste Plätze, Burgen,
an und versah sie mit Besatzungen, indem er von den Dienstmannen
auf seinen Gütern je den nennten Mann in eine solche Burg ziehen,
die andern für dessen Verpflegung forgen hieß. Diese Burgen wur¬
den zu Mittelpunkten eines lebhaften Handelsverkehrs und wuchsen
allmählich zu Städten heran, so Merseburg, Quedlinburg, Goslar.*)
Weil ferner die Ungarn, als wohl beritten, mit Fußvolk nicht leicht zu
bekämpfen waren, fo organisierte er eine zahlreiche, gutgerüftete Reiterei
und übte sie regelmäßig in der Handhabung der Waffen und der
*) Man hat deshalb H.inrich den „Städteerbauer" genannt. Doch wird
sich weiter unten zeigen, daß weder die ersten noch die wichtigsten Städte in Deutsch¬
land ihren Ursprung ihm verdanken.