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zusammengesetzt ist. Gleichgültig sieht das Volk auf verlassene Kloster¬
gebäude und andre Überreste einer Vergangenheit, mit welcher es kaum
durch eine teure Erinnerung verbunden ist. Für die alte Kunst ist das
Verständnis geschwunden, überall zerstört der nüchterne Sinn die Bauten
früherer Zeit.
3. Es ist bereits Ordnung in der Stadt. Die Straßen müssen
gekehrt werden, die Düngerhaufen, welche nach dein großen Kriege selbst
in ansehnlichen Mittelstädten vor den Häusern lagen, sind wieder durch
Verordnungen beseitigt; die Schweine und Rinder, welche noch vor fünfzig
Jahren zwischen den spielenden Kindern im Straßenschmutze sich belustigten,
werden streng in den Höfen und Ställen gehalten. Auch die Sicherheits¬
polizei thut ihre Pflicht. Auf Bettler und Landstreicher wird streng
gefahndet, der Reisende muß seinen Paß vorzeigen, Ratsdiener spähen in
die Wirtshäuser. Das Spritzenhaus wird in Ordnung gehalten, über
den plumpen Fenertonnen hängen eisenbeschlagene Feuerleitern. Sangen
die Nachtwächter nach den: großen Kriege beim Abrufen der Stunden
oft anzügliche Reime, so sind jetzt Text und Melodie geistlich.
4. Der Handwerker arbeitet in der alten Weise fort; fast jeder
steht fest in seiner Zunft, sogar die Maler sind zünftig und fertigen als
Meisterstück eine Kreuzigung mit einer Anzahl vorgeschriebener Figuren.
Streng wird von der Mehrzahl der Handwerker aus alte Bräuche
gehalten; wer nicht nach Handwerksrecht in die Zunft aufgenommen ist,
der wird als Pfuscher oder BönhaseZ mit Haß verfolgt. Noch wird
ernsthaft vor der geöffneten Lade gehandelt; hier werden Lehrlinge
angenommen, Gesellen freigesprochen, Händel geschlichtet, und die Formel
„mit Gunst", welche jede Rede einleitet, schallt endlos bei allen Zusammen¬
künften der Meister und Gesellen.
6. Geschieden durch Kleidung, Haartracht und Titel stehn die
Studierten und Beamten als Honoratioren der Stadt über den Bürgern.
Wie der Adel auf sie, so blicken sie auf den Handwerker, dieser aus den
Bauern herab. Der vermögende Kaufmann hat schon unter den Hono¬
ratioren eine Stellung. Die rohe Verschwendung früherer Geschlechter
ist gebändigt, größere Redlichkeit im Handel ist überall zu erkennen.
Wieder nimmt das arme Land ehrenwerten Anteil am Welthandel, schon
führen Deutsche Eisen- und Stahlwaren, feine Tuche von spanischer Wolle,
Damastgewebe, Leinwand und Schleier nach den übrigen Ländern Europas
und in die überseeischen Kolonien. Gerade die Armut des Volkes, d. h.
der niedrige Tagelohn, macht die Anlage von Fabriken lohnend und
leicht. Wie deutsche Handlungsreisende mit ihren Probekasten bis zur
Seine und Themse ziehen, so gründen die Söhne der großen Kaufleute
und Fabrikanten in Paris, London, Lissabon, Cadiz, Öporto zahlreiche
Handlungshäuser als gewandte, oft kühne Geschäftsleute.
0 Bönhase, Schimpfname für den im verborgenen, nicht in offener
Werkstatt arbeitenden, also nicht zünftigen Handwerker. Das Wort ist
niederdeutsch und bedeutet eigentlich Bühnenhase, Hase auf einem Boden
unterm Dache.
Deutsches Lesebuch A. V.
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