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61. Da sprach die schöne Hildburg, die Maid aus Irland:' 
„Was laßt ihr, Königstochter, liegen das Gewand, 
Daß ihr Ludwigs Degen zu waschen säumt die Kleider; 
Und wird das Gerlinde inne, so that sie uns mit Schlagen nie¬ 
mals leider." 
62. Da sprach die Tochter Hildens: „Dazu bin ich zu hehr, 
Der bösen Gerlind waschen will ich nimmermehr. 
Nun verschmäh' ich Dienste zu leisten so geringe, 
Da mich zwei Könige küßten und mit den Armen herzend mich 
umfingen " 
63. „Ihr dürft mir nicht verdenken," hub Hildburg wieder an, 
„Daß ich zum Waschen rathe; wir thäten klüger dran, 
Als daß wir so die Kleider in die Kammer tragen, 
Sonst wird uns beiden der Rücken übel heute noch zerschlagen." 
64. Da sprach die Enkelin Hagen's: „Freude nahet mir, 
Trost und hohe Wonne; ob sie bis Morgen hier 
Mich mit Besen schlügen, daran würd' ich nicht sterben; 
Doch die uns so mißhandeln, deren müssen Viele bald verderben. 
65. „Ich will diese Kleider tragen zu der Flut; 
Es soll ihnen frommen," sprach das Mägdlein gut, 
„Daß ich mich vergleichen darf mit Königinnen; 
Ich werfe sie in's Wasser, daß sie lustig fließen von hinnen." 
66. Was auch Hildburg redete, Gudrun trug hindann 
Frau Gerlindens Linnen. Zu zürnen hub sie an; 
Sie schwang sie aus den Händen weit in die Wogen. 
Sie schwebten eine Weile; ich weiß nicht, ob sie je hervor 
sie zogen. 
67. Die Nacht begann zu dunkeln, da längst der Tag zerrann. 
Hildeburg ging traurig zu der Burg hindann; 
Sie trug drei Kleider und schöner Tücher sieben; 
Bei ihr ging Ortweins Schwester; die war der Wäsche ledig 
heut geblieben. 
68. Es war schon spät geworden, da kamen sie an's Thor 
Der Feste König Ludwigs: da fanden sie davor 
Die üble Gerlind harren auf ihr Ingesinde. 
Die edeln Wäscherinnen grüßte sie mit Worten ungelinde. 
69. „Wer hat euch das erlaubet," sprach des Königs Weib; 
„Schmerzlich soll es büßen euer beider Leib, 
Daß ihr so spät am Abend euch mögt am Strand ergehen; 
Nicht ziemt es Königsfrauen in ihrer Kammer euch hinfort zu sehen." 
70. Sie sprach: „Nun laßt mich hören, warum thut ihr das? 
Ihr verschmähet Könige und tragt zu ihnen Haß, 
Und koset am Abend mit gemeinen Knechten; 
Wollt ihr Ehr' erwerben, so scheinen solche Wege nicht die rechtem"
	        
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