lären d. i. allgemein verständlichen. Die eigentliche Philoso¬
phie z. B. würde zu diesem Kreise nicht gehören, theils weil
man dem weiblichen Geschlecht die Anstrengung des Verstandes,
die nöthig ist, um dem Vortrage der Philosophie zu folgen, nicht
zumuthen kann, theils weil die dabei vorkommenden wissenschaft¬
lichen Ausdrücke unbekannt sein würden. Folgendes würde z. B.
dahin gehören:
„Eine Wahrheit heißt empirisch, sofern sie ans Erfahrung gegründet ist,
d. h. sofern sie darum als wahr angenommen, weil die Erfahrung das lehrt,
was sie aussagt. Dagegen ist eine Wahrheit rational, sofern sie nicht auf
Erfahrung beruht. Bei einer rationalen Wahrheit muß die Vernunft ohne
Hilfe der Erfahrung einsehen, daß dasjenige stattfinde, was diese Wahrheit
aussagt," u. s. w.
Diese Sätze sind zwar verständlich, erfordern aber eine ge¬
spannte Aufmerksamkeit des Verstandes, und möchten daher dem
weiblichen Geschlechte nicht zusagen. Unverständlicher würde dem¬
selben Folgendes sein:
„Es ist nothwendig, daß die vernünftigen endlichen Wesen während der
disciplinarischen Epochen ihres Daseins in Zusammenhang und unter den
Einstuß eines Systems von Kräften gesetzt werden, welches mit der Gesetz¬
gebung der moralischen Vernunft nicht harmonirt, eines Systems von Kräf¬
ten, in welchem sich denselben allenthalben Reize zur Sünde entgegenstellen,
hingegen keine anschaulichen Aussichten zu einer Harmonie der Glückseligkeit
mit der Tugend eröffnet werden;" u. s. w. *
Dagegen ist Folgendes allgemein verständlich:
Natürlichkeit.
(Aus der Anstandslehre für das weibliche Geschlecht, von der Gräfin
v. Wallenburg.)
Es giebt in dem Betragen eine gewisse liebenswürdige Natürlichkeit;
sie steht im Gegensatze mit dem Unnatürlichen, Gezierten, Erkünstelten und
Steifen. Es kleidet Jeden, und erweckt das Wohlgefallen Anderer, wenn
man sich in seinem ganzen Wesen treu an die Natur hält. Jede Abweichung
von der Bahn, die sie uns vorzeichnet, beleidigt den Geschmack, das Gefühl
für's Schöne, und macht einen widrigen Eindruck. Aber die Natürlichkeit,
die ich Naivetät nennen möchte, ist nicht rohe, ungebildete Natur, wie wir
sie bei den schlichten, ununterrichteten, ungehobelten Naturmenschen finden,
wo sie uns in ihren Aeußerungen fast thierisch, nicht menschlich, widrig und
abschreckend erscheint. Die Natürlichkeit, welche ich meine, ist das Product
des Unterrichts, der sittlichen Disciplin, des Umgangs, der Kenntniß und
richtigen Anwendung der Regeln des Anstandes.' Bei ihr hat die Kunst den
Charakter einer durch sie veredelten Natur erhalten.