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fort war, „Euer lebelang müßt Ihr Euch nicht mit den Schreibern ein¬ 
lassen. Haltet Euch an praktische Männer. Habt Ihr das Herz, eine 
Wurst an eine Speckseite zu setzen, Euch ist zu Helsen. Wenn Euer Schäch¬ 
telein oder der Wert dafür noch in der Welt ist, ich schass' Euch die Spitz¬ 
buben wieder ins Haus." — „Wer seid Ihr, um Vergebung," fragte der 
Goldschmied? — „Ich bin der Zundelsrieder," erwiderte der Fremde mit 
Vertrauen und mit einem recht liebenswürdig freundlichen Spitzbubengesicht. 
Wer den Frieder nicht persönlich kennt, wie der Hausfreund, der kann sich 
keine Vorstellung davon machen, wie ehrlich und gutmütig er sich anstellen, 
und dem vorsichtigsten Menschen so unwiderstehlich das Herz und das Ver¬ 
trauen abstehlen kann wie das Geld. Auch ist er in der That so schlimm 
nicht, als mau ihn zwischen Bühl und Achern dafür hält. Ob nun der 
Goldschmied noch überdies an das Sprichwort dachte, daß man Spitzbuben 
am besten mit Spitzbuben sangen könne, oder ob er au ein anderes Sprich¬ 
wort dachte, daß wer das Roß geholt hat, der hole auch den Zaum, kurz 
der Goldschmied vertraut sich dem Frieder an. „Aber ich bitte Euch," sagte 
er, „betrügt mich nicht." „Verlaßt Euch aus mich," sagte der Frieder, „und 
erschreckt nicht allzusehr, wenn Ihr morgen früh wieder um etwas klüger 
geworden seid." Vielleicht ist der Frieder aus einer Spur? Nein, er ist 
noch aus keiner. Aber wer in selbiger Nacht dem Goldschmied auch noch 
4 Dutzend silberne Löffel, 6 silberne Salzbüchslein, 6 goldene Ringe mit 
kostbaren Steinen holte, das war der Frieder. Manch geneigter Leser, der 
aus ihn nicht viel halten will, wird denken: Das geschah dir recht. Desto 
besser; denn dem Goldschmied war es auch recht. Nämlich aus dem Tisch 
fand er von dem Zuudelsrieder einen eigenhändigen Empsaugscheiu, daß er 
obige Artikel richtig erhalten habe, und ein Schreiben, wie sich der Gold¬ 
schmied nun weiter zu verhalten habe. Nämlich er zeigte jetzt nach des 
Frieders Anleitung den Diebstahl bei Amt au, und bat um einen Augen¬ 
schein. Hernach bat er den Amtmann, die verlorenen Artikel in allen / 
Zeitungen bekannt zu machen. Hernach bat er, auch das versiegelte Schäch 
teleiu mit seiner ganzen Beschreibung mit in das Verzeichnis zu setzen, um 
etwas. Der Amtmann sah ins Klare und verwilligte ihm den Wunsch. 
„Einem honetten Goldschmied," dachte er, „kaun ein Mann, der eine Haus¬ 
haltung führt, etwas zum Gefallen thun." Also verläuft es sich in alle 
Zeitungen, dem Goldschmied sei gestohlen worden das und das, unter anderem 
ein Schächteleiu so und so, mit vielen kostbaren Edelgesteinen, die alle 
benannt wurden. ^Die Nachricht kam bis nach Augsburg. „Löb," schmun¬ 
zelte dort ein böhmischer Jud dem andern zu, „der Goldschmied wird nie 
erfahren, was in dem Schächteleiu war. Weißt du, daß cs ihm gestohlen
	        
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