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vor den Verabredungen geblieben, die zur Zeit des Herrn
von Beust in Salzburg und anderen Orten zwischen Frank¬
reich, Italien und Österreich getroffen wurden, und von
denen man besorgte, daß sie auf unsere Kosten geschehen
waren. Es war damals die Befürchtung vor dem Kriege
so groß, daß ich in dieser Zeit als Ministerpräsident den
Besuch von Kaufleuten und Industriellen erhalten habe,
die mir sagten: „Diese Unsicherheit ist ja ganz unerträg¬
lich; schlagen Sie doch lieber los! Lieber Krieg, als länger
in diesem Truck auf allen Geschäften zu verharren!" Wir
haben ruhig abgewartet, bis auf uns losgeschlagen wurde,
und ich glaube, wir haben wohl daran getan, uns so ein¬
zurichten, daß wir die Angegriffenen blieben und nicht die
Angreifer waren.
Nun, nachdem dieser große Krieg von 1870 geschlagen
war, frage ich Sie: Ist irgend ein Jahr ohne Kriegs¬
gefahr gewesen? Anfangs der 70er Jahre — schon gleich,
wie wir nach Hanse kamen, hieß es: „Wann ist der nächste
Krieg? Wann wird die nächste Revanche geschlagen wer¬
den? In fünf Jahren doch spätestens?" Man sagte uns
damals: „Die Frage, ob wir Krieg führen sollen und mit
welchem Erfolg, hängt doch heutzutage nur von Rußland
ab; Rußland allein hat das Heft in den Händen." —
Auf diese Frage komme ich vielleicht später zurück. —
Ich will einstweilen nur noch das_ vierzigjährige Bild
durchführen, indem ich erwähne, daß im Jahre 1876 schon
wieder die Kriegsunwetter im Süden sich zusammenzogen,
im Jahre 1877 der Balkankrieg geführt wurde, der
doch nur durch den in Berlin abgehaltenen Kongreß ver¬
hindert wurde, eine Konflagration von ganz Europa her¬
beizuführen, und daß nach dem Kongresse sich plötzlich
ein ganz neues Bild uns im Ausblick nach Osten eröffnete,
da Rußland uns unser Verhalten auf dem Kongreß übel¬
genommen hatte. — Ich komme vielleicht auch darauf
später zurück, wenn meine Kräfte mir das erlauben.
Es trat dann eine gewisse Rückwirkung der intimen