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3. Morgenlied.
Der Morgen graut.
Es weicht die Nacht;
Der Traum erbleicht»
Der Tag erwacht.
Der Himmel lacht
In Purgurgracht:
Die Sonn." ist erschienen.
Da tönt die Thäler rings entlang
Der Vöglein froher Waldgefaug,
Sie rufen all mit einem Klang:
Die Sonne ist erschienen.
V Her;, mein Her;, wach' aus der Kuh'!
V, hör' den kleinen Vöglein;u,
Knd jubelnd sing, mein Her;, auch du:
Die Sonne ist erschienen.
Franz Graf von Pocci und Guido Görres, Festkalender.
4. Mariechen ohne Thränen.
Es lebte einmal eine reiche Witwe, die hatte ein einziges
Töchterchen, das Mariechen hieß, und das sie wie ihren Augapfel
hütete. Das kleine Mädchen war aber auch so schön und so gut,
daß inan es für einen Engel hätte halten können, wenn es Flügel
gehabt hätte. Aber so gut es war. machte es doch seiner Wär¬
terin manche böse Stunde; denn es hatte ein zu weiches Herz,
und wo es etwas Trauriges in der Welt sah, mußte es weinen.
So oft nun Mariechen mit verweinten Augen nach Hause kam.
wurde die Mutter um ihr Kind besorgt, schalt auf die Wärterin
und gab dieser alle Schuld. Da wurde die Wärterin endlich un¬
geduldig, ging zu einer uralten Frau, die sich aus allerlei Künste
verstand, und bat um guten Rat. „Ei," sagte die alte Frau,
„da ist leicht zu helfen. Nimm ein Tüchlein, wasch es in dem
Hungerquell, der am Kreuzweg im Walde hervorgebrochen ist,
lind laß es dann auf einer dürren Heide trocknen. Wenn du