187
270. Lied eines deutschen Knaben.
EStolberg.)
Mein Arm ist stark und groß mein
Mut;
gieb, Vater, mir ein Schwert!
Verachte nicht mein junges Blut!
Ich bin der Väter wert.
Ich finde fürder keine Ruh
im weichen Knabenstand;
ich stürb' o Vater, stolz wie du
den Tod fürs Vaterland.
Schon früh in meiner Kindheit war
mein täglich Spiel der Krieg;
im Bette träumt' ich nur Gefahr
und Wunden nur und Sieg.
Mein Feldgeschrei erweckte mich
aus mancher Türkenschlacht;
noch jüngst ein Faustschlag, welchen 6
ich
dem Bassa zugedacht.
Da neulich unsrer Krieger Schar
auf dieser Straße zog
und, wie ein Vogel, der Husar
das Haus vorüberflog, —
da gaffte starr und freute sich
der Knaben froher Schwarm;
ich aber, Vater, härmte mich
und prüfte meinen Arm.
W
15
Mein Arm ist stark und groß mein Mut;
gieb, Vater, mir ein Schwert!
Verachte nicht mein junges Blut!
Ich bin der Väter wert.
271. Kaiser Karl der Große.
O. Schulz)
9.
*
n
Karl der Große, der im Jahre 800 nach Christi Geburt die Würde
eines römischen Kaisers annahm, war nicht bloß ein Kriegsheld, sondern auch
ein Freund der Künste und Wissenschaften. Er legte bei den Domstiftern
Schulen an und sah zuweilen selber nach, ob die Knaben fleißig lernten, und
welche unter ihnen die besten Fortschritte machten. Besonders wollte er, daß
die Geistlichen tüchtige Leute wären und sich's angelegen sein ließen, das Volk
in allem Guten zu unterrichten. Die das thaten, standen bei ihm in hohem
Ansehen; die aber leichtfertig waren und sich zu viel mit weltlichen Dingen
befaßten, hat er darum mit Worten und oft auch mit der That gestraft.
Einem Bischof hat er das Bistum sogleich des andern Tages, nachdem
er's ihm gegeben, wieder genommen, weil er des Abends zuvor ein großes
Gastmahl angestellt, sich berauscht und darüber das heilige Amt verschlafen
hatte. „Bist du gleich am ersten Tage so fahrlässig,“ sagte er, „wie würdest
du dann erst sein, wenn du nun im Bistum würdest erwärmet und ruhig 35
sein; du würdest nichts thun, denn Gott erzürnen.“
Einem andern Bischof, der so gar fertig zu Pferde sprang, entzog er das
Bistum auch wieder und sagte zu ihm: „Du dienst besser zu einem Soldaten
als zu einem Geistlichen; ich bedarf deiner im Kriege, da kann ich dich besser
brauchen; es wäre schade, daß ein so tapferer Reiter daheim verliegen sollte. 40
Laß einen Schwachen, der sonst zu nichts nutz ist, dieses daheim versehen.“