308 Neudeutsche Literatur—
Islss möglich? Soll es unsern Freund Denn er war unser! Mag das stolze Wort
bedeuten, Den lauten Schmerz gewaltig übertönen!
An den sich jeder Wunsch geklammert hält? Er mochte sich bei uns im sichern Port,
Den Lebenswürd'gen soll der Tod erbeuten? Nach wildem Sturm, zum Dauernden ge
Ach wie verwirrt solch ein Verlust die Welt! wöhnen.
Ach! was zerstört ein solcher Riß den Seinen! Indessen schritt sein Geist gewaltig fort
Nun weint die Welt, und sollten wir nicht Ins Ewige des Wahren, Guten, Schönen,
weinen? Und hinter ihm, in wesenlosem Scheine,
Denn er war unser! Wie bequem gesellig eh binie ba Grrlelt
Den hohen Maun der gute Tag gezeigt, Ihr kanntet ihn, wie er mit Riesenschritte
Wie bald sein Ernst anschließend, wohla Den Kreis des Wollens, des Vollbringens
gefällig, maß,
Zur Wechselrede heiter sich geneigt, Durch Zeit und Land, der Völker Sinn
Bald raschgewandt, geistreich und sicherstellig, und Sitte,
Der Lebensplane tiefen Sinn erzeugt Das dunkle Buch mit heiterm Blicke las
Und fruchtbar sich in Rath und That Doch wie er, athemlos, in unsrer Milte,
ergossen: In Leiden bangte, kümmerlich genas,
Das haben wir erfahren und genossen. Das haben wir in traurig schönen Jahren,
Denn er war unser, leidend miterfahren.
5. Clavigo.
(. 119. Lehrb. F. 802)
Carlos sucht Clavigo von der Heirath mit Marie Beaumarchais
abzubringen.
Carlos. Es kommen einem im Leben mehr unerwartete wunderbare
Dinge vor, und es wäre schlimm, wenn alles im Gleise ginge. Man hätte
nichts sich zu verwundern, nichts die Köpfe zusammenzustoßen, nichts in Ge—
sellschaft zu verschneiden.
Clavigo. Aufsehen wirds machen.
Carlos. Des Clavigo Hochzeit! Das versteht sich. Wie manches
Mãädchen in Madrid harrt auf dich, hofft auf dich und wenn du ihnen diesen
Streich spielst?
Clavigo. Das ist nun nicht anders!
Carlos. Sonderbar ist's. Ich habe wenig Männer gekannt, die so
großen und allgemeinen Eindruck auf die Weiber machten, als du. Unter
aͤllen Ständen gibt's gute Kinder, die sich mit Planen und Aussicht beschäf—
tigen, dich habhaft zu werden. Die eine bringt ihre Schönheit in Anschlag,
die andere ihren Reichthum, ihren Stand, ihren Witz, ihre Verwandte. Was
macht man mir nicht um deinetwillen für Complimente! Denn wahrlich,
weder meine Stumpfnase, noch mein Krauskopf, noch meine bekannte Ver—
achtung der Weiber kann mir so was zuziehen.
Clavigo. Das ist nun nicht anders.
Carlos. Wenn ich nicht schon Vorschläge, Anträge in Händen gehabt
hätte, geschrieben von eigenen, zärtlichen, kritzlichen Pfötchen, so unorthogra—
phisch, als ein originaler Liebesbrief eines Mädchens nur sein kann. Wie
manche hübsche Duenna ist mir bei der Gelegenheit unter die Finger gekommen!
Clavigo. Und du sagtest mir von allem dem nichts?
Carlos. Weil ich dich nicht mit leeren Grillen beschäftigen wollte, und
niemals rathen konnte, daß du mit einer Einzigen Ernst gemacht hättest.