Full text: Auswahl deutscher Dichtungen aus dem Mittelalter

54. Die da sterben sollten, die lagen all umher; 
Zu Stücken lag verhauen die Königin hehr. 
Dietrich und Etzel huben zu weinen an 
Und jämmerlich zu klagen manchen Freund und Unterthan. 
55. Da war der Helden Herrlichkeit hingelegt im Tod. 
Die Leute hatten alle Jammer und Noth. 
Mit Leid war beendet des Königs Lustbarkeit, 
Wie immer Leid die Freude am letzten Ende verleiht. 
56. Ich kann euch nicht bescheiden, was seither geschah, 
Als daß man immer weinen Christen und Heiden sah, 
Die Ritter und die Frauen und manche schöne Maid; 
Sie hatten um die Freunde das allergrößeste Leid. 
57. Ich sag' euch nicht weiter von der großen Noth; 
Die da erschlagen waren, die laßt liegen todt. 
Wie es auch im Heunland hernach dem Volk gerieth; 
Hie hat die Mär ein Ende: das ist das Nibelungenlied. 
5. Gudrun. 
(1225) 
Uebersetzt von Simrock. 
Wie Wate gen Irland zog. 
1. Ein Held war erwachsen in der Dänen Land, 
Zu Stürmen in der Marke, das ist uns wohl bekannt; 
Da saßen seine Freunde, die erzogen ihn in Ehren. 
Auch Ortland mußt ihm dienen; gar vielgewaltig wußte man den hehren. 
2. Seiner Vettern Einer, der Wate war genannt, 
Hatte von dem Degen zu Lehen Burg und Land. 
Als seinen Anverwandten sollt er den Herrn erziehen; 
Er lehrt' ihn alle Tugend, und ließ ihn nie seiner Hut entfliehen. 
3. Der Schwestersohn Watens war Herr im Dänenland, 
Horand der biedre; der verdient' es nach der Hand 
Um Hettel den König, daß er ihm die Krone 
Dort zu tragen gönnte; er gab sie dem Helden noch zu Lohne. 
4. Hettel der reiche zu Hegelingen saß, 
Von Ortland nicht ferne, in Wahrheit sag ich das. 
Darin hatt' er Burgen wohl achtzig oder mehre; 
Die sie behüten sollten, dienten ihm täglich mit großer Ehre. 
5. Hettel war verwaiset, darum so ward ihm Noth, 
Daß er die Hausfrau wähle; ihm waren beide todt, 
Der Vater und die Mutter, die ihm die Lande ließen. 
So viel er Freunde hatte, es mußt ihn so zu leben doch verdrießen. 
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