Zweiter Zeilraum.
Das deutsche Reich zur Zeit der Lehensverfassung,
843- 1256.
S- 8.
Die letzten Karolinger, 843—911
1. Ludwig der Deutsche, 843 — 876,
hatte während seiner 33jährigen Regierung eine ununterbrochene Reihe
von Kämpfen mit den beiden Völkerstämmen, welche durch Karl's des
Großen letzte Kriege mit dem Abendlande in Berührung gekommen
waren, zu bestehen, nämlich im Osten mit den in eine gewisse Ab-
hängigkeit gebrachten Slaven, und im N. mit den unbesiegt geblie-
beiten Normannen (Dänen). Die fortgesetzten Kämpfe unter den
drei Karolingischen Brüdern begünstigten nicht wenig die Angriffe dieser
Völker, und Ludwig suchte durch die beständig erneuerten Heerfahrten
gegen die Slaven (Mähren, Czechen, Sorben, Wenden) mehr seine
Grenze zu sichern, als die frühere Abhängigkeit derselben vom frän-
tischen Reiche geltend zu machen. Furchtbarer noch waren die plötzlichen
und unvorhergesehenen Angriffe der normännischen Seeräuber, aber
da das ostfränkische Reich damals nur mit dem Mündnngslande der
Elbe die Nordsee berührte, so waren sie mehr gegen die beiden an-
dern fränkischen Reiche gerichtet. Doch (schon 845) liefen die Nor¬
mannen mit einer Flotte in die Elbe ein, zerstörten Hamburg und
waren, noch ehe der Heerbann der Sachsen herbei eilte, mit reicher
Beute davon gesegelt.
Eine bedeutende Erweiterung seines Reiches im Westen erlangte
Ludwig, indem er mit seinem Bruder Karl dem Kahlen nach Lothar's II.
Tode Lothringen theitte1), wodurch er Frisland und das linke Rhein-
Nach Lothar's I. Tode hatte nämlich von seinen Söhnen der älteste,
Ludwig II., Italien nebst der Kaiserwürde, der zweite, Lothar II., das nach ihm
benannte Lothringen, der dritte, Karl, die Provence erhalten.