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Hansabundes stand die reiche und mächtige Ostseestadt Lübeck;
in ihr wurden die Bundestage gehalten, auf denen alle nöti¬
gen Maßregeln und Unternehmungen zur Sprache kamen.
Hatte eine Stadt ihre Pflichten nicht erfüllt, oder sich eines
Vergehens schuldig gemacht, so wurde sie v e r h a n s e t, das
heißt ans dein Bunde ausgestoßen. Eine solche Strafe war
immer von schrecklichen Folgen: denn der geachteten Stadt
wurden ihre Schiffe weggenommen und ihr Handel zerstört.
Dreihundert Jahre lang erhielt sich die deutsche Hansa auf
der Höhe ihrer Macht, dann aber wurden die Verhältnisse
des Handels andere und mit ihnen die Stellung der Hansa.
Ter Seeweg nach Ostindien war aufgefunden, und nun zog
sich aller Handel um den Ocean zusammen, folglich wurden
die West-Europäer die vornehmsten Handelsvölker. Von dem
großen Bunde der Hansa blieben schließlich nur die drei
Städte H a m b n r g, Lübeck und Bremen übrig, die
ihren Namen Hansestädte noch bis auf den heutigen
Tag bewahrt haben.
Kaiser Rudolf von Habsburg.
Der unsicheren Zustände, der beständigen Kriege und
Fehden, die nach dem Aussterben des hohenstanfischen Kaiser¬
geschlechts in Deutschland herrschten, wurde man endlich doch
müde, und die deutschen Fürsten beschlossen, wieder einen
Kaiser zu wählen, der der Verwirrung ein Ende machte. Die
Wahl fiel auf ben schweizerischen Grafen Rudolf v o n
H a b s b u r g. Das war kein großer und mächtiger Fürst,
nur ein armer, ziemlich unbekannter Gras, der aber bei allen,
welche ihn kannten, in großer Achtung stand. Man wußte,
daß er den friedliebenden Bürger gerne schützte und den
hochmütigen Adel, von dem auch das Schweizer Volk viel
zu leiden hatte, demütigte. Von feiner Klugheit und feinen:
Gerechtigkeitssinn erzählten sich die Leute viele schöne Ge-