362 Landesväterliche Friedensliebe.
nicht hervorragende Einsicht und wußte daher seine Stellung nicht entsprechend
auszuMen.
Im Frühjahre 1798 reiste der König mit seiner Gemahlin in die ein¬
zelnen Provinzen, um die Huldigung der Stände nach alter Weise entgegen-
zunehmen; zuerst nach Königsberg, dann nach Warschau und Breslau, zuletzt
fand in Berlin die Huldigung sämmtlicher Provinzen statt. Ueberall wurde
das königliche Paar mit freudiger Begeisterung begrüßt, überall, selbst in
dem neu eroberten Polen, dursten sie sich mit vollem Vertrauen dieser Be¬
geisterung hingeben. Bei der Ankunft und der Abreise fuhren sie durch die
Reihen der bewaffneten Bürger; jede militärische Begleitung durch Polen
hatte der König abgelehnt. „Ich bin gewohnt," sagte er, „mich in meinen
alten Provinzen nur von der Liebe meiner Unterthanen geleiten zu lassen, ich
besorge nicht, hier andere Gesinnungen zu finden."
Die ersten Jahre der neuen Regierung wurden, soviel es die Staats¬
einkünfte gestatteten, in jeder Beziehung zu nützlichen Einrichtungen ange¬
wendet. Das in den letzten Jahren Friedrich Wilhelm's II. wieder einge¬
führte Tabaksmonopol wurde aufgehoben; wiewohl hierdurch die Landes-
einnahmen geschmälert wurden, wußte die Regierung doch durch anderweitige
Ersparnisse und durch strenge Ordnung in der Finanzverwaltung die Mittel
zu beschaffen, um den gar zu niedrigen Sold der Truppen zu erhöhen, um
den Waisenanstalten in Halle reichliche Unterstützung zu gewähren, Armen-
und Arbeitshäuser zu gründen, Kanäle anzulegen, die Einrichtungen von
Schulen und den Bau von Kirchen zu erleichtern, — und gleichzeitig von der
bei Friedrich Wilhelm's II. Tode hinterlassenen Schuld von 40 Millionen
bis zum Jahre 1806 fast die Hälfte zu tilgen und noch einen Schatz von 17
Millionen anzusammeln. Dies war nur möglich in Folge der heilsamen
Strenge, welche in Bezug auf die Beaufsichtigung der gesammten Staats¬
ausgaben eingeführt worden war. Zu diesem Zwecke hatte Friedrich Wil¬
helm HI. gleich nach seinem Regierungsantritte die zuerst von Friedrich Wil¬
helm I. errichtete Ober-Rechnungs-Kammer wieder in alle ihre Rechte
zur Ueberwachuug der ganzen Verwaltung eingesetzt. Dieselbe erhielt die
Aufgabe, die Rechnungen aller königlichen Kassen durchzusehen, und wurde
ermächtigt, wo es nöthig schien, von allen Behörden genaue Rechenschaft über
die Richtigkeit und den Grund aller einzelnen Ausgaben zu verlangen. Bald
trat in allen Zweigen der Verwaltung die größte Ordnung und Sparsamkeit
ein, wovon der König selbst das schönste Beispiel gab.
42. Die auswärtige Politik bis zum Tilsiter Frieden.
Preußens Neutralität; der Reichsdeputations-Hauptschluß (1803).
Durch den Frieden von Basel war Preußen von der Theilnahme an den euro¬
päischen Kämpfen zurückgetreten: Friedrich Wilhelm III. war seinem ganzen
Wesen nach dem Frieden zugeneigt, und richtete sein aufrichtiges Bestreben
darauf, denselben zu erhalten. Er meinte seinem Volke keine größere Wohl¬
that erweisen zu können, als wenn er während der verheerenden und zerrüt¬
tenden europäischen Kämpfe seinem Lande die nöthige Ruhe sicherte, um sich
von den geschlagenen Wunden zu erholen und durch die Künste des Friedens