Full text: Geschichte des preußischen Vaterlandes

432 Zweiter Einzug in Paris. 
es Blücher, der auf eine fühlbare Züchtigung drang. Als man ihn bat, bJe 
Pariser Bürger, wie im Jahre 1814, von Einquartierung befreit zu lassen, 
sagte er: „Die Franzosen haben Jahre lang in Berlin recht angenehm logirt, 
es soll kein Preuße, der mir hierher gefolgt ist, zurückkehren, ohne sagen zu 
können, daß die Pariser ihn gut bewirthet haben." Erdrang darauf, der 
Stadt Paris eine Kriegsstener von 100 Millionen Franken aufzuerlegen. 
Ohne Weiteres ließ er anfangen, aus dem Museum im Louvre Alles auszu¬ 
räumen, was sich an Kunstschätzen, die aus Deutschland geraubt waren, da 
vorfand; zugleich traf er Anstalten, die Brücke von Jena, die zur Erinnerung 
an Preußens Schmach so benannt war, in die Luft zu sprengen, und als man 
ihn im Namen des Fürsten von Talleyrand um die Erhaltung derselben bat, 
antwortete er: „Ich habe beschlossen, daß die Brücke gesprengt werden soll, 
und kann nicht verhehlen, daß es mir recht lieb sein würde, wenn Herr Talley¬ 
rand sich vorher draufsetzte, welches ich bitte, ihn wissen zu lassen." Die An¬ 
kunft des Königs Friedrich Wilhelm hinderte jedoch zu Blücher's großem 
Verdruß die Ausführung seines Vorhabens. 
Ueber eine halbe Million der verbündeten Truppen zogen in die ver¬ 
schiedenen Provinzen Frankreichs ein; die Monarchen schlugen wiederum ihren 
Sitz in Paris auf und richteten ihr Bestreben darauf, die Herrschaft der 
Bourbonen dies Mal auf die Dauer begründen zu helfen. Bei den Friedens¬ 
verhandlungen drangen preußische und andere deutsche Staatsmänner darauf, 
daß die ehemals Deutschland entrissenen Provinzen Elsaß und Lothringen 
jetzt von Frankreich wieder eingelöst würden, doch fanden sie lebhaften Wider¬ 
stand bei den andern Mächten, besonders bei England. Blücher brachte da¬ 
mals auf einem Gastmahle bei Wellington einen berühmten Toast ans. Zum 
englischen Gesandten gewandt, sagte er: „Na, Castlereagh, nu will ich euch 
auch mal was ausbringen. Mögen die Federn der Diplomaten nicht wieder 
verderben, was durch die Schwerter der Heere mit so vieler Anstrengung ge¬ 
wonnen worden." Die deutschnationale Forderung konnte jedoch nicht zur 
Geltung kommen, und im zweiten Pariser Frieden, welcher am 20. No¬ 
vember 1815 abgeschlossen wurde, beschränkte man sich darauf, Frankreich 
(unter einigen Abtretungen an die Niederlande, Sardinien und an der deut¬ 
schen Grenze) auf sein Gebiet von 1790 einzuschränken, alle geraubten Schätze 
der Kunst und Wissenschaft zurückzunehmen und 700 Millionen Franken 
Kriegsentschädigung zu fordern. Ferner sollte auf fünf Jahre ein Bundes¬ 
heer von 150,000 Mann in den Grenzfestungen des besiegten Landes bleiben. 
Preußen erhielt bei jenen Länderabtretungen die Gebiete Saarlouis 
und Saarbrücken, durch welche seine rheinischen Besitzungen vervollständigt 
wurden. In Folge einiger Ländertauschungen mit Hannover, Kurhessen und 
Sachsen-Weimar u. a. wurde der Bestand der preußischen Monarchie endlich 
so festgestellt, wie er im Wesentlichen bis zum Jahre 1866 geblieben ist. 
50. Regierung Friedrich Mlhelm's III. seit den Befreiungs- 
Kriegen. 
Die heilige Allianz. Die ganze Geschichte Europa's seit dem Beginne 
ver französischen Revolution hatte an den Tag gebracht, daß die tiefe Zer-
	        
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