fullscreen: Lesebuch für ein- und zweiklassige Volksschulen

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er mir die Strafe." Also nahm Reineke Abschied von Weib und 
Kindern und ging mit. Ans dem Wege wurde ihm aber angst 
und bange. 
Er sprach: „Ich zittere und bebe vor Sorgen um mein Leben." 
Grimbart aber tröstete ihn. 
5. 
Die beiden Wanderer kamen auf dem Festplatze an. Alle Tiere 
drängten sich vor, um Reineke zu sehen. Wenige waren freundlich 
gegen ihn. Die meisten hatten zu klagen. Reineke aber trat vor 
Nobel, den König, und sprach: „Gnädiger Herr König! Wohl weiß 
ich, daß ich viel Böses gethan und Strafe verdient habe. Aber ich 
bin nicht allein so schlecht. Isegrim, Braun, das Hündchen und Hinze 
haben auch Strafe verdient." Doch der König hörte Reineke nicht an 
und sprach: „Wenn du auch viel schwatzen kannst, so sollst du doch 
sterben." Und er gebot: „Bindet Reineke, führt ihn in den Wald 
und hängt ihn an einem Baume auf!" Die Tiere thaten also; sie 
banden ihn und brachten ihn in den Wald. Auch Nobel und die Frau 
Königin zogen mit. Hinze stellte im Walde eine Leiter an einen 
hohen Baum und knüpfte einen langen Strick an einem Aste fest. 
Doch als der Bösewicht gerade gehängt werden sollte, sprach er: „Ehe 
ich sterben muß, möchte ich mein Gewissen erleichtern und alles er¬ 
zählen, was ich weiß." Der König willigte ein, und Reineke erzählte: 
„Oft bin ich im Leben in Not gewesen. Hunger aber habe ich nie 
gelitten. Von meinem großen Schatze konnte ich immer Geld nehmen 
und Speise kaufen." Kaum hatte der König von dem Schatze gehört, 
so ließ er Reineke nicht weiter erzählen, sondern rief: „Du hast einen 
Schatz; wo ist er? Sage mir's schnell!" Aber Reineke antwortete: 
„Herr König, das Sagen hilft nichts! Der Schatz ist tief im Walde 
verborgen, und niemand findet ihn. Ich allein weiß den Weg dahin." 
Obgleich die Tiere murrten, gebot der König, den Fuchs loszu¬ 
binden, damit er den Schatz zeige. Was sprach da der Schlaue? 
„So rasch geht das nicht. Der Schatz liegt in einem eisernen Kasten, 
der mit zehn Schlüsseln verschlossen ist. Erst muß ich nach Hause 
gehen und die Schlüssel holen. Ist jemand da, der mich begleitet und 
die Schlüssel tragen hilft, so wollen wir uns gleich auf den Weg 
machen." Der Löwe war damit zufrieden und hieß den Schafbock 
Bellin und Lampe mitgehen. Bald wanderten die drei fort. Der 
Fuchs aber war froh, daß er noch am Leben war.
	        
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