Full text: Bilder aus der sächsischen Geschichte

Das Lustlager bei Zeilhain (1730). 
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„Dieser fameuse Kirchen, hörts — war nämlich 14 Ellen lang, 
6 Ellen breit, 1 halbe Elle hoch, über und über mit Blumen besteckt, 
auf allen Seiten mit Brezeln, Semmeln, Zwieback u. s. w. garniert und 
wurde auf einem 10 Ellen breiten Wagen von 8 Pferden gezogen. Daß 
ein besondrer Wagen dazu erbaut werden mußte, versteht sich von selbst. 
Die Zuthat bestand in 18 Scheffeln Mehl, 82 Schock Eiern, 3 Tonnen 
Milch, 1 Tonne Hefen, 1 Tonne Butter. Von Rosinen, Mandeln, Zucker, 
Zimmt, Rosenwasser n. s. w. findet sich nirgends eine Angabe. 
Das Tranchieren geschah unter Direktion des Oberlandesbaumeisters 
— durch einen Zimmermann. Dieser schnitt erst mit einem 3 Ellen 
langen, auf die Schultern gestemmten, Messer von weitem ein Loch in den 
Kuchen, trat in diesen Mittelpunkt und säbelte vorderhand nur hohen 
Personen auf hohes Verlangen Stückchen herunter, die aber, wie man 
sagt, nicht verzehrt, sondern zum Andenken mit in ferne Lande genommen 
wurden. 
Sobald die hohen Herrschaften sich entfernt hatten, ward die ganze 
Tafel, der Rest des Weins und des gebacknen Kuchengroßpapas preis¬ 
gegeben. 
Da ging es denn natürlich bunt durcheinander und mancher riskierte 
Leib und Leben, um nur einen Brosamen oder ein Tröpflein von der 
königlichen Tafel zu erobern. 
Nach geschlossenem Frieden, d. h. als es nichts mehr zu essen und 
zu trinken gab, lag das Schlachtfeld voll leinener, feibner, fchaf- und 
baumwollener Leichen, fo daß es vor Jammer kaum anzusehen war." 
51. Über des Kurfürsten Friedrich August I. und Königs von 
Polen letzte Tage (f 1733). 
den Akten findet sich über die letzten Tage des Kurfürsten und 
Königs von Polen, Friedrich Augusts I., des Starken, ausgezeichnet: 
„Wie der König von Krossen ab nachmittags um 3 Uhr nach Karge 
gekommen ist, hat er sich des Abends 9 Uhr schlafen gelegt, ist des 
Morgens um 4 Uhr aufgestanden und diesen Tag 12 Meilen, den fol¬ 
genden Tag 8 Meilen, und so weiter bis 8 Meilen vor Warschau ge¬ 
fahren, da hat er angefangen im Wagen, worin er ganz allein gefesfen, 
zu schläfert, und wie man angehalten, und seine Leute an den Wagen 
getreten sind, sind sie erschrocken, weil der König sich nicht vernehmlich 
machen konnte; wie man ihn aber aus dem Wagen gebracht und mit 
warmen Tüchern und Wasser gerieben hat, hat er sich wieder erholt und 
seine Reise fortgesetzt. Vier Meilen vor Warschau hat den König eine 
Ohnmacht überfallen, von welcher er sich jedoch auch wieder rekolligiert 
(d. i. erholt) hat, als aber die Bedienten den König in Warschau aus
	        
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