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unter welchem die sterblichen Reste der Jungfrau gebettet
waren, die ihm einst, als er schier verzweifeln wollte, den
Glauben an die Menschheit zurückgab, die durch ihre Klug¬
heit ihn aus der drohenden Gefahr errettete.
Sechzehntes Kapitel:
Treu bis ;um Tode.
Wie ein Blitzstrahl ans heiterem Himmel fiel urplötzlich
-mitten in die Beratungen des Wiener Kongresses die Nach¬
richt: „Napoleon hat die Insel Elba verlassen und ist nach
Frankreich zurückgekehrt!"
Im ersten Augenblicke befiel ein lähmendes Entsetzen
die Fürsten und die Völker. Sie sahen schon im Geiste
den Eroberer wieder an der Spitze seiner siegreichen Heere
Europa überfluten, sie fühlten die kaum wieder befestigten
Throne wanken und die Kriegsfurie von neuem ihre Geißel
schwingen über die Länder, die kaum angefangen hatten sich
von den Leiden früherer Jahre zu erholen. Doch nur kurze
Zeit währte dieses Entsetzen. Alle wußten, was jetzt auf
dem Spiele stand, und alle waren jetzt einig in dem einen
Gedanken: „Krieg gegen Napoleon, gegen Frankreich bis zur
völligen, bedingungslosen Unterwerfung!"
Am 1. März 1815 war Napoleon zu Cannes im
südlichen Frankreich gelandet und hatte von dort ans einen
Aufruf an seine ehemaligen Truppen gerichtet, sich wieder
um ihn zu scharen. Das wankelmütige Volk jubelte ihm
entgegen; wohin er kam, gingen die Truppen zu ihm über,
und als er am 21. März in Paris einzog, bewillkommneten
ihn die Einwohner dieser Stadt abermals als ihren Kaiser.
Zwar erließ er von hier aus alsbald ein Rundschreiben an
alle Mächte Europas, worin er versicherte, daß er von jetzt
an nur den Frieden wolle; aber niemand glaubte feinen
Worten. Man war durch die Erfahrung gewitzigt; man