Zweiter Zeitraum.
Von der Bildung eines selbständigen deutschen Meiches
bis zum Höhepunkte der kaiserlichen Weltherrschaft unter den
ersten fränkischen oder salischen Kaisern. (843—1056.)
I.
Ostfranken unter den Karolingern und konrad I. 843—918.
1 Ludwig der Deutsche 843 — 876 und Karl III. 876 — 887.
Pon den drei fränkischen Reichen zerfiel das des Kaisers Lothar sehr
bald. Lothar teilte das Reich unter seine drei Söhne. Nach dem
Tode Lothars II.1), nach dem das mittlere Reich zwischen Ost- und
Westfranken den Namen Lothringen erhielt, teilten seine Oheime
870 Ludwig der Deutsche und Karl der Kahle 870 im Vertrage zu
Mersen?) sein Erbe derart, daß die deutschen Landschaften an Ost¬
franken, die romanischen an Westfranken fielen.
Ludwig der Deutsche hatte mehrfach mit äußeren Feinden zu
kämpfen. Unter diesen waren die furchtbarsten die Normannen. Bürger¬
kriege und Lust an Abenteuern hatten viele Edle aus den skandina¬
vischen Landen Dänemark und Norwegen getrieben, ihr Vaterland zu
verlassen. Unter dem Namen der Normannen (Nordmänner) er¬
schienen sie mit großen Flotten an den Küsten der fränkischen Reiche,
fuhren die großen Ströme hinauf und raubten und plünderten bis in
das Innere des Landes. So zerstörten sie Hamburg und verbrannten
zu Aachen die Pfalz Karls des Großen. Dabei hörten auch im
Osten die Kämpfe mit den Slaven an Saale und Elbe nie mehr auf.
Nur mit Mühe vermochte König Ludwig sich aller dieser wilden Feinde
zu erwehren. Im Innern gelang es ihm, der ein tüchtiger und kräf¬
tiger Herrscher war, zwar allmählich eine größere Annäherung der in
seinem Reiche vereinigten deutschen Stämme zu bewirken, aber noch
lange keine Verschmelzung zu einem einigen Volke.
Von den drei Söhnen Ludwigs des Deutschen vereinigte der
jüngste, Karl III. (fälschlich der Dicke genannt) noch einmal (zum
1) Sieh die 2. Geschlechtstafel am Schlüsse des Buches.
2) Meisen liegt in der niederländischen Provinz Limburg, unweit Maastricht.