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Aber du, mein teuerster Sohn-, führe den von mir angefangenen Bau der Gemeinden in
Thüringen zur Vollendung, rufe das Volk von Irrlehren nachdrücklich zurück, vollende den
angefangenen Ban der Kirche in Fulda und dort sei die Ruhestätte meines von der Last der
Jahre gebeugten Leibes.
755, in der letzten Stunde: Meine teuren Brüder, wenn ihr von der göttlichen Liebe
erfüllt seid und meine Ermahnung je euch ins Herz gedrungen ist, so zeigt es in dieser Stunde
und erwäget die Worte des Herrn: Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, da sie
ja die Seele nicht toten können.
42. Der Wäuseturm.
Die Sage vom Mäufeturm hat ihren Ursprung wahrscheinlich in Mißverstand des
Namens Musturm d. h. Mauthturm (— Zollturm), oder Musturm (Waffenturm). Erz¬
bischof Hatto von Mainz f 913.
Am Mäuseturm um Mitternacht
Des Bischofs Hatto Geist erwacht:
Er flieht um die Zinnen im Höllen¬
schein
Und glühende Mäuslein hinter ihm drein.
Der Hungrigen hast du, Hatto, gelacht,
Die Scheuer Gottes zur Hölle gemacht.
Drum ward jedes Körnlein im Speicher
dein
Verkehrt in ein nagendes Mäuselein.
Du flohst auf den Rhein in den Insel-
turm ;
Doch hinter dir rauschte der Mäusesturm.
Du schloffest den Turm mit eherner Thür;
Sie nagten den Stein und drangen Herfür.
Sie fraßen die Speise, die Lagerstatt,
Sie fraßen den Tisch dir und wurden
nicht satt;
Sie fraßen dich selber zu aller Graus
Und nagten den Namen dein überall aus.
Fern rudern die Schiffer um Mitternacht,
Wenn schwirrend dein irrender Geist erwacht:
Er flieht um die Zinnen im Höllenschein
Und glühende Mäuslein hinter ihm drein.
43. Keinrich I. 919.
Die vielfach (z. B. von Conz, von Gödeke, Weiß) poetisch behandelte Sage ist ohne
geschichtlichen Grund. Sie ist auf eine Art Auguriunt in den Zeiten des deutschen Heidentums
zurückzuführen. Die Vögel der Sage waren ursprünglich Raben, die von den Göttern aus
die Königswürde übergingen. Sechs Orte im Harze schreiben sich die Ehre zu, der Schauplatz
jener Geschichte gewesen znsein: Quedlinburg (Finkenberg), Gittelde (Heinrichswinkel), Zeller¬
feld (am weißen Wasser), Okerthal (Heinrichswinkel), Königshof (im Bodethal), Königskrug
(am Brockenfeld). Noch heute heißen große Vogelliebhaber im Harz Vogelheinriche.
Konrad I. (911—919) zu Eberhard: Lieber Bruder, ich fühle, daß ich sterben werde.
Laß dir also deine eigene Wohlfahrt und das Beste der Franken empfohlen sein. Wir sind
imstande, Heere zu stellen, haben Städte und Waffenvorrat, und alles, was zum königlichen
Glanze gehört — nur Glück und Geschicklichkeit haben wir nicht. Das aber besitzt in vollem
Maße Heinrich; aus den Sachsen beruht allein das Wohl des Reiches. Nimm diese Zeichen
der Königswürde, Mantel, Lanze, Schwert und Krone der alten Könige, geh damit zu Heinrich
und mache ihn dir zum Freunde aus immer. Melde ihm, daß ich ihn euch zum Nachfolger
empfohlen habe.
Herr Heinrich sitzt am Vogelherd In Wies'und Feld, in Wald und Au —
Recht froh und wohlgemut; Horch, welch' ein süßer Schall!
Aus tausend Perlen blinkt und blitzt Der Lerche Sang, der Wachtel Schlag,
Der Morgensonne Glut. Die süße Nachtigall!