Kleine Bilder aus großer Zeit. 121
ba an den gewaltigen Vorräten des täglichen Brotes vergangen. Sie über¬
gössen es mit Massen von Petroleum!
Aber sie haben nicht mit dem gerechten Zorn unseres Hindenburg ge¬
rechnet, der den Frevel an ihrem eigenen Leibe strafte. Auf die Meldung von
der Roheit der Russen erfolgte der Befehl: „Uber den Geschmack streiten
wir nicht mit den Russen. Dieses Brot ist zur Ernährung der russischen Ge¬
fangenen zu verwenden, solange der Vorrat reicht." Und sie sind froh gewesen,
als sie es bekamen; es hat ihnen auch nicht geschadet. Aber ob sie es nicht
doch lieber ohne diese russische Würze verzehrt hätten?
Gustav Schlipköter, „Fürs teure Vaterland." Verlag Friedr. Burchard.
Clberfeld-Sonnborn.
3. Kunstvolle Artilleriestellungen, Unterstände und
Blockhäuser der Russen in Ostpreußen.
Die Russen stehen seit alter Zeit in dem Rufe, sich auf die Verteidigung
gut einrichten zu können. Das hat sich auch im Weltkriege wieder gezeigt.
So hatte Rennenkampf anfangs September 1914 in neun Tagen kunst¬
volle Artilleriestellungen bei Gerdauen bauen lassen. Außerdem waren starke
Bäume über die Straßen gelegt, welche die deutschen Truppen bei ihrem An¬
marsch benutzen mußten. Man hatte sogar jeden Ast und jedes Ästchen sauber
angespitzt, nicht nur die Schützengräben überdacht, sondern auch die Lauf¬
gräben, die zu ihnen hinführten. Leider waren zum Bau solcher Stellungen
die prächtigen alten Eschenalleen von Gerdauen nach Nordenburg auf eine
Strecke von mehreren Kilometern umgehauen worden.
Auch beim Winterfeldzuge fanden unsere Truppen in den Wäldern Ost¬
preußens großartig eingerichtete russische Unterstände, von denen ein Kriegs¬
freiwilliger folgendes erzählte: „Die Russen hatten sich im Walde tadellos
verschanzt. Unterstände sind dort gebaut worden, die müßte man gesehen
haben. Die richtigen Tanzsäle waren es unter der Erde, Höhlendörfer, aus¬
gestattet mit feinen Möbeln, die aus den Gutshäusern stammten, mit Ofen
versehen und mit Leinwand die Wände bespannt. Wären wir im Besitze
solcher Stellungen gewesen, hätten wir sie nicht so schnell freigegeben."
Meisterhaft hatten es die Russen sodann verstanden, starke Blockhäuser
zu bauen, in denen sie ihre Maschinengewehre aufstellten. Sie waren aus
mächtigen Baumstämmen hergestellt und hatten doppelte Wände, deren
Zwischenräume mit Erde ausgefüllt waren. Das Dach bestand aus zwei bis drei
Lagen von Baumstämmen, zwischen welchen sich ebenfalls Erdschichten be¬
fanden. Gegen manche solcher Blockhäuser, die besonders in Polen und
Rußland von bedeutender Stärke sind, vermag unsere leichte Artillerie kaum
etwas auszurichten. S.
4. Unfreiwillige Kriegslieferungen in Allenstein.
Als die Russen am Donnerstag den 27. August 1914 in Allenstein ein¬
gerückt waren, verlangten sie ungeheure Lieferungen, nämlich 120 000 Kilo
Brot, 6000 Kilo Zucker, 5000 Kilo Salz, 3000 Kilo Tee, 15000 Kilo
Smillus, Unser Ostpreußen. I. 9