Full text: Geschichte des Mittelalters (Theil 2)

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erreichte das Heer, von Spürhunden geleitet, einen Fluß. Ein 
Schrei des Entzückens verkündete den köstlichen Fund. Im 
Augenblicke stürzten Alle zum Flusse hinab, den brennenden 
Durst zu löschen; viele aber fanden durch das Uebermaß des 
Genusses den Tod. 
Eines Tages wurde zur allgemeinen Bestürzung der Her¬ 
zog Gottfried schwer verwundet und ohnmächtig in's Lager ge¬ 
tragen. Keiner wußte, ob nahende Feinde, oder ein Zufall das 
Unglück herbeigeführt habe, da erzählten die Begleiter Gottfried's: 
„Wir waren zur Jagd ausgeritten, und der Herzog etwas ent¬ 
fernt von den Uebrigen, als er hörte, daß ein armer Pilger, 
welcher Holz suchte, von einem Bären angegriffen ward und laut 
um Hülfe rief. Sogleich sprengte der Herzog hinzu und griff 
mit dem Schwerte das Unthier an. Da ließ dieses seine erste 
Beute fahren, wandte sich gegen seinen neuen Feind und riß 
Roß und Mann zu Boden. Gottfried schien verloren. Plötzlich 
raffte er sich wieder auf, faßte den Bären mit der linken Hand 
und stieß ihm mit der rechten das Schwert in den Leib. Der 
Bär aber, durch diese Wunden nur noch wüthender gemacht, 
fiel ihn von neuem an. Des Herzoges Kräfte schwanden immer 
mehr in dem grausigen Kampfe. In diesem Augenblicke erschien, 
durch das Geschrei des Pilgers und das Heulen des Bären her¬ 
zugelockt, einer der Jagdgenossen, streckte das Unthier zu Boden 
und rettete den durch Blutverlust schon erschöpften Herzog." 
Mit Schaudern hörte das Volk der Erzählung dieses Unglückes 
zu. Erst nach mehreren Wochen sah eS seinen geliebten Herzog 
wieder an seiner Spitze. 
44. Belagerung von Antiochia (1098). 
Jetzt wandte sich das Heer der Kreuzfahrer nach Syrien, 
dessen Hauptstadt Antiochia war. Während Balduin mit seiner 
Abtheilung sich der Stadt Edessa bemächtigte und zuerst unter 
allen Kreuzfahrern sich in den Besitz einer festen Herrschaft in 
Asien setzte, lagerte sich das ganze übrige Heer vor Antiochia.
	        
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