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Krieg gegen die Avaren (791—799). — Jedoch war
diese Huldigung nur scheinbar und daS Werk augenblicklicher
Noth. Denn Thassilo empörte sich von Neuem und reizte sogar
die Avaren, ein Volk im heutigen Ungarn, zu wiederholten
Einfällen in das fränkische Gebiet. Da ergrimmte Karl gegen
den Undankbaren, nahm ihn bei Ingelheim am Rhein gefangen
und vcrurtheilte ihn, wie damals den DesideriuS, zur ewigen
Gefangenschaft in einem Kloster; denn damals dienten die Klöster
zugleich zu Staatsgefängnissen. Auch die räuberischen Avaren
blieben nicht ungestraft. Er trieb sie hinter den Wienerwald
zurück, eroberte alsdann durch seinen Sohn Pipin binnen sechs
Jahren ihr Land von der Enns bis an die Raab und schlug eS
als „östliche Mark" (Oesterreich) zum fränkischen Reiche, das
nach dieser Seite hin die Theiß zur Grenze bekam (799). Das
verheerte und entvölkerte Land überließ Karl deutschen, besonders
bayerischen Ansiedlern. Das Volk der Avaren verschwand später
unter den Ungarn. Zum Behuf der leichteren Kriegszufuhr hatte
Karl während der Feldzüge gegen sie den Plan zur Verbindung
des Rheins mit der Donau, mittelst deS Mains, der Rednitz
und Altmühl entworfen. Schon war ein Kanal eröffnet; allein
natürliche Hindernisse und Unerfahrenheit der Arbeiter hemmten
das Geschäft; nach Beendigung des Krieges ward er ganz ver¬
gessen. Erst nach mehr als tausend Jahren ist dieser großartige
Plan wieder aufgenommen und iu's Werk gesetzt worden von dem
Könige Ludwig I. von Bayern.
Während dieser Kriege, von 794 bis 798, mußte Karl wieder¬
holt nach Sachsen eilen, um die hier neu auSgebrochenen Un¬
ruhen zu dämpfen. Das freisinnige Volk konnte sich nicht so
leicht an die fremde Herrschaft und Religion gewöhnen, und war
besonders aufgebracht, dem neuen Herrscher auf ungewohnten Zü¬
gen von Jahr zu Jahr Heercsfolge leisten zu müssen. Zur
festeren Begründung deS Friedens verpflanzte Karl eine bedeu¬
tende Menge Sachsen nach Franken und Thüringen. Deshalb
hier die vielen an Bewohner des Sachsenstammes erinnernde
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