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mit 10,000 Angelsachsen taufen. Augustin ward zum Erzbischof von Can-
terbury ernannt.
Unter den vielen frommen Männern, welche von den britischen In¬
seln herüberkamen, nennen wir Columbanus, Gallus, Kilian,
Willebrod, welche alle in Deutschland, Helvetien, und der letzte im
Lande der Friesen das Wort Gottes verbreiteten. Der thätigste Glau¬
bensbote aber war der angelsächsische Mönch Winfried aus Wessex (680—
735), welcher mit Recht der Apostel der Deutschen genannt wird, und uns
unter dem ihm von Gregor II. zugelegten Namen Bonifacins (der
Gutthätige) wohl bekannt ist. Unter dem Schutze der fränkischen Herr¬
scher, Karl Märtel und dessen Söhne Karlmann und Pipin, trug er in
rastlosem Bekehrungseiser die Lehre von dem gekreuzigten Heiland zu den
Hessen, Thüringern, Baiern, Franken, allenthalben Bisthümer und Klöster
gründend, wie Fulda, Erfurt, Würzburg, Eichstädt, Regensburg, Salzburg
u. a. m., und mit strengem Geiste die Ordnung des kirchlichen und Ge¬
meindelebens handhabend, im engen Anschluß an die römisch-päpstliche
Kirche. „Wir haben beschlossen", so schrieb er einst nach einer feierlichen
Kirchenversammlung, „dem heiligen Petrus und seinen Nachfolgern unter-
than zu sein, als Metropolitan das Pallium vor dem Stuhle Petri nach¬
zusuchen und in allen Stücken den Vorschriften desselben Gehorsam zu lei¬
sten." Bonifacins errang nichtsdestoweniger mit dem erzbischöflichen Stuhl
von Mainz eine feste, unumschränkte Gewalt in den kirchlichen Dingen in
Deutschland.
Sein Tod war seines apostolischen Lebens würdig. Er starb als
Märtyrer auf einer Bekehrungsreise nach Friesland. Die Bibel hoch über
seinem Haupte haltend, ließ er sich mit allen seinen Begleitern von einer
Schaar heidnischer Friesen ohne Widerstand erschlagen.
Diese frommen Männer und Glaubenshelden waren es, denen das
deutsche Land seine erste Civilisation zu danken hat. Sie schufen Wälder
und Haiden in blühendes Ackerland um, sie gewährten dem Verfolgten
und Bedrängten ein schützendes Obdach, sie veredelten die rohen Gemüther
durch die Verkündigung des Evangeliums, sie legten durch ihre Schulan¬
stalten in die Herzen der Jugend den Keim der Sittigung und Bildung
und bewahrten die Reste der alten Wissenschaft und Poesie vor gänzlichem
Untergang. Rings um die Kirchen und Klöster erbauten die Neubekehrten
ihre Hütten; sie bearbeiteten nach dem Beispiele der Mönche das angren¬
zende Feld, so daß in kurzer Zeit um die heilige Stätte ein freundliches
Dorf sich erhob. Das Asyl des christlichen Glaubens ward die Pflanz¬
stätte christlicher Sitte und Wissenschaft. In diesem Sinne hat Karl der
Große die Verbreitung des Christenthums und die Erhebung der Geist¬
lichkeit zu Reichthum und Ehren als das einzige Mittel erkannt, sein Volk
aus der Nacht eines rohen und eisernen Zeitalters an das Licht einer hö¬
heren Geistes- und Gemüthsbildung heranzuziehen.
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