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Weibern, Kindern und Knechten eine Masse von 600,000 Köpfen. Jeder Fürst führte seine
Schar. Das größte Ansehen aber genoß Gottfried von Bouillon. Er war damals
in der Blüte seiner Jahre (36 Jahre alt), ausgezeichnet durch schönen, kräftigen Wuchs, voll
Menschenfreundlichkeit und Gottesfurcht. In der Schlacht der Schrecken der Feinde, bewies
er sich großmüthig gegen den unterworfenen Gegner. ——o—
Am 5. Mai 1097 lagerte sich das Kreuzheer vor Nicäsa, der westlichen Feste des
seldschuckischen Reiches. Die Stadt war bereits, vorzüglich durch Gottfrieds glänzende Tapfer—
keit, der Uebergabe nahe gebracht, als sie durch die List der Griechen an diese und nicht an
die Kreuzfahrer sich ergab. Um keine Zeit zu verlieren, beschlossen die Fürsten die Fortsetzung
des Zuges. Während nun die Kreuzfahrer unter dem glühenden Himmel und durch die weiten,
wasserlosen Hochebenen des mittleren Kleinasiens weiler zogen, hatten sie überall mit Noth
und Beschwerden, sowie mit dem unabläßig angreifenden Feind zu kämpfen. Dazu kam noch,
daß zwischen Tankred und Balduin, dem Bruder Gottfrieds, ein Streit ausbrach, in
Folge dessen letzterer das Kreuzheer verließ, sich mit seinem Heerhaufen gegen den Euphrat
wandte und in dem von ihm eroberten Edessa das erstechristliche Reich im Orient
gründete. — Die Uebrigen, nachdem sie bis Syrien gelangt waren, unternahmen zu Ende
des Sommers 1097 die Belagerung von Antiochien. Aber erst nach neunmonatlicher
Belagerung fiel diese Vormauer Jerusalems in die Hände der Christen.
Ein volles Jahr nach dem Falle von Antiochien gelangten endlich die Kreuzfahrer an
das heißersehnte Ziel ihrer Pilgerschaft. Von einer Anhöhe bei Emmaus erblickten sie am
6. Juni 1099 im Golde der Abendsonne die stolzen Kuppeln von Jerusalem. Alle fielen
auf die Kniee und dankten Gott mit Freudenthränen für diese Gnade; alle erduldeten Mühsale
und Entbehrungen waren vergessen.
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Jerusalem war eine stark befestigte Stadt, in der eine Besatzung von 40,000 Mann
lag, während das Heer der Kreuzfahrer nur noch 20,000 Fußgänger und 1500 Reiter zählte.
Dennoch wagten schon am fünften Tage die christlichen Streiter einen Sturm auf die äußern
Mauern. Mit wildem Muthe erkletterten sie dieselben und würden ohne Zweifel auch die
Hauptmauer erstürmt haben, wenn ihnen nicht alle Werkzeuge, selbst Sturmleitern, gefehlt
hätten. Um sich diese zu verschaffen, zerstreuten sie sich in der holzarmen Gegend, fanden
endlich bei Bethlehem ein Gehölz und arbeiteten mit dem größten Eifer an den Belagerungs—
werkzeugen. Endlich nach Verlauf von vier Wochen hatte man den Bau von zwei hölzernen
Türmen vollendet. Sie waren vierseitig, jeder sieben Ellen höher als die Hauptmauer
Jerusalems und zum Fortbringen mit Rädern versehen. Dieselben sollten zur Zeit der Be—
stürmung, mit auserlesenen Streitern besetzt, der Mauer ganz nahe gebracht werden. An jedem
Turme befand sich eine Fallbrücke, welche, wenn man sie niederließ, zum Uebergang vom
Turme auf die Stadtmauer diente. Der 14. Juli des Jahres 1099 ward zum Sturme
bestimmt.
Mit Löwenlühnheit stürzte sich das Kreuzheer von allen Seiken auf die Stadt; Wunder
der Tapferkeit geschahen überall, und namentlich war Gottfried stets unter den vordersten
Kämpfern; aber die Sarazenen vertheidigten die Stadt mit solcher Hartnäckigkeit, daß der
Sturm trotz der unermüdlichen Ausdauer der Christen dennoch endlich abgeschlagen wurde.
Aber schon am folgenden Tage (15. Juli) erneuerten diese den Sturm, und auch jetzt
wetteiferten auf allen Punkten die Angreifenden mit den Vertheidigern an unerschrockener, auf—
opfernder Tapferkeit, bis es endlich dem Herzog Gottfried gelang, einen Belagerungsturm
der Mauer so nahe zu bringen, daß die Fallbrücke desselben auf die Zinne der Mauer nieder—
gelassen werden konnte. Wie ein Sturmwind stürzte sich der Held, der erste von allen, in
die Stadt, ihm nach sein Bruder Eustachius und die gesamte tapfere Besatzung seines
Turmes; schnell hatte er das nächste Thor erreicht, welches er von innen entriegelte, und mit
blinkenden Schwertern stürmten nun die rachedurstigen Scharen der Kreuzfahrer herein, während
ihre Brüder von allen Seiten die Mauern erklommen.