24 Erzählungen aus dem Leben zur Warnung 
zu schlafen schien. Kunz hatte Mitleiden mit ihm, und auS 
Besorgniss, dass er erfrieren möchte, näherte er sich ihm, 
um ihn aus dem Schlafe zu wecken. Aber so viel er Um 
auch rüttelte, so erwachte er doch nicht. Den kannst du 
lange rütteln, rief Klaus lachend; er wird nicht aufwachen, 
er ist betrunken; lass den Kerl liegen, und komm, es ist 
kalt. Nein, antwortete Kunz, so unbarmherzig kann ich 
nicht sein; wie leicht könnte der arme Mensch erfrieren! 
und mag er immerhin betrunken sein, er ist ein Mensch, 
und zwar ein hülfsbedürftiaer Mensch; ich will thun, was 
ich kann, um ihm das Leben zu retten. Nun so mache, 
was du willst, rief Klaus unwillig, ich mag nicht länger 
hier stehen und frieren; und damit ging er weiter. Kunz 
bedeckte nun eiligst den Schlafenden mit Schnee, weil er 
gehört hatte, dass der Schnee wärme, und lief dann so 
schnell, *vie möglich, nach dem nächsten Dorfe, um einen 
Wagen zu holen, glücklicherweise fand ec auch gleich 
einen menschenfreundlichen Bauer, der eben aus der Stadt 
gefahren kam, und' mit dessen Hülfe er den halbtodten 
Fremden sehr bald ins Leben brachte. Fröhlich wanderte 
er nun nach Hause. Was urtheilet ihr von Kunz? und 
was urtheilet ihr von Klaus? Wessen Betragen wollt ihr 
euch zum Muster nehmen? — Wer deiner Hülfe bedarf, 
der ist dein Nächster; dem sollst du helfen, wie du kannst. 
Lue. 10, 19 — 37. 
Gott und den Nächsten treu zu lieben, 
Das ist, o Christ, dir vorgeschriebe». 
11. Die Furchtsame. 
2öilhelmine hatte eine abergläubische Wärterinn, wel¬ 
che ihr oft Gespcnster-Geschichten erzählte; dabei hatte man 
eö ihr angewöhnt, immer bei einer Lampe und nie allein 
zu schlafen. Dadurch wurde sie furchtsiam. Sie war schon 
zehn Jahr alt, als eö sich traf, dass alle ihre Geschwister 
krank wurden, und ihr Vater gerade verreisst war, so 
musste cS sich Wilhelmine zum ersten Male gefallen lassen, 
allein zu schlafen. Daher aerieth sie nun in große Angst, 
besonders da die Mutter keine Lampe in ihrer Kammer 
wollte brennen lassen, sondern meinte, das große Mädchen 
könnte auch wol einmal im Finstern zu Bette gehen. Gar 
ztl gern hätte sie in der Krankenstube geschlafen; aber dies
	        
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