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Liebe zu Ihm das Gute thun, und das Böse lassen,
ein Vergelter seyn werde; ich hatte nicht genug Fleiss
daran gewendet, mit Gottes Wort ira voraus mei¬
ne Seele zu nähren und zu stärken; ich hatte dessen
Erklärung in der Predigt versäumt; den Umgang der
guten Menschen vermieden, die Gesellschaft der Bö¬
sen und Leichtsinnigen aber gesucht; ich glaubte
nicht, dass es nöthig sey, mich selbst kennen zu
lernen, und zu welcher Art Sünden ich am meisten
geneigt sey; am wenigsten hatte ich mir Mühe gege¬
ben, bösen Gedanken zu widerstehen und böser Ge¬
wohnheiten los zu werden. Hätte ich das ehrlich
und lange genug geglaubt und gethan, gewiss,
mich hätte weder ein Mensch noch ein Geist
zum Bösen verführen können.
Vs. 50, 22. Jac. x, 13. 14. Sir. 23, 26-29.
16S. Von glauben und nicht glauben.
(Ein Gespräch.)
Der Lehrer. Wenn ein Reisender, der bei eintre¬
tender Nacht und in einem unsichern Lande sich ver¬
irret, Jemandem begegnete, der sich des Verirrten er¬
barmte, so, dass er ihm nicht allein den rechten Weg
sagte, sondern ihn auch selbst darauf brächte, wag
müsste der Veirrte billig thun?
Der Schüler. Ihm danken, und den gewie¬
senen Weg betreten.
Lehrer. Aber bald wieder den Weg verlassen ?
Schüler. Nein; sondern eben darauf sehen,
dass er ihn nicht verlöre, und so lange darauf bleiben,
bis er ihn an Ort und Stelle gebracht hätte.
Lehrer. Oder wenn du ins Wasser gefallen
wärest, und ich hielte dir ein Seil hin, um dich daran
herauszuziehen, was müsstest du thun?
Schüler. Das Seil ergreifen.
Lehrer. Aber wenn ich dich nun bald heraus¬
gezogen hätte, müsstest du dann wieder loslassen?
Schüler. Nein, sondern es so lange festhal¬
ten, bis ich gerettet wäre.