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Afrika. 
mit einer Geldstrafe, fo machen sie von denselben Waffen Gebrauch, 
mit denen der Ermordete erschlagen wurde, um den Mörder zu todten." 
Doch giebt auch Gobat eine große Verderbtheit der Sitten zu, wovon 
er die Hauptursachen sowohl in ihren Irrthümern und Aberglauben, 
als besonders in ihrer Ungebundenheit, worin sie hinsichtlich der Ehe 
leben, findet. Ein Mann kann so viele Weiber nehmen, als es ihm 
beliebt, und sie eben so wieder verstoßen. Will er seine Ehe durch 
eine religiöse Ceremonie heiligen, so verbürgt seine von dem Priester in 
die Hand der Frau, mit der er sich verbinden will, gelegte Hand, seine 
Treue ebenfalls nur so lange, als er oder sie ihr Gelöbniß halten wol¬ 
len, denn beide Geschlechter können sich von einander trennen. Ist 
der eine Ehegatte mit dem andern unzufrieden, so gehen sie zu einem 
Priester oder Richter, und verzichten aufeinander. Nach einer dritten 
Ehescheidung indessen können die Geschiedenen keine regelmäßige Ehe 
wieder eingehen noch am heil. Abendmahl Theil nehmen, es sey denn, 
daß sie Mönche werden. Wenn daher ein Mann sein drittes Weib 
verstoßen hat und regelmäßiger zu leben wünscht, um des heil. Abend¬ 
mahls wieder theilhaftig zu werden, so söhnt er sich wo möglich mit 
einem seiner ersten Weiber aus. So geschieht es häufig, daß nach einer 
Trennung von 25 Jahren, und nachdem sie mit andern Personen ver¬ 
heiratet waren, Eheleute für den Überrest ihrer Tage zusammen leben. 
Die Art und Weise, wie die Habessinier ihren Töchtern Männer 
verschaffen, ist höchst eigenthümlich. Sobald ein Mädchen für alt 
genug gehalten wird, um sie zu verheirathen, welches gewöhnlich sehr 
frühzeitig der Fall ist, indem oft Mädchen von 8—12 Jahren an 
Männer von mittlerem Alter Kerheirathet werden und es Mütter in 
einem Alter von 10 Jahren giebt — so siechten sie ihnen das Haar 
recht hübsch, schwarzen ihnen die Augenbraunen und färben ihnen die 
Hände mit einer dunkelrothen Farbe. So geziert wird die Tochter 
bei trockenem Wetter an die Thüre gesetzt, entweder spinnend oder Korn 
lesend, so daß sie jedem Vorübergehenden ins Auge fallt. Findet ein 
Mann, er sey jung oder alt, Gefallen an ihr, so geht oder sendet er 
zu der Mutter oder zu der nächsten Verwandtin und halt um sie an. 
Überdies sendet er eine Frau von seiner Verwandtschaft, um das Mäd¬ 
chen naher zu besichtigen. Die Mutter verlangt dann für ihre Toch¬ 
ter eine Brautgabe, die in einem baumwollenen Hemde und einem 
Gewände besteht; dagegen macht sich das Mädchen verbindlich, 6 Mo¬ 
nate lang in seinem Hause die Arbeit zu verrichten, darf sich aber dabei 
eine Magd nehmen. Ist der Mann mit dem Mädchen zufrieden, so 
schickt er ein Stück weißes Zeug, ins Blut eines Huhns getaucht, zu 
ihren Verwandten, wo nicht, das Mädchen selbst und nimmt dagegen 
sein Brautgeschenk zurück. Der Mann kann das Mädchen zurück¬ 
schicken, wann er will, und letzteres darf ihn nach der ausgemachten 
Zeit verlassen, wenn es keine Lust hat, ihn zu heirathen. 
Die Habessinier sind Christen, doch ist ihr Christenthum durch-
	        
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