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der Eisenbahn und unzähliger Arbeitsmaschinen, die allmähliche
Umwandlung Deutschlands in einen Industriestaat und seine Teil¬
nahme am Welthandel haben aber unser gewerbliches Leben der¬
maßen umgestaltet, daß der Großbetrieb heute die Betriebsform
ist, die mehr Leute beschäftigt und mehr Waren erzeugt als der
ehemals so angesehene Handwerksbetrieb. Es läßt sich aber auch
nicht leugnen, daß der Großbetrieb dem Kleinbetriebe gegenüber vielfach
im Vorteil ist. Große Barmittel, Masseneinkauf der Nohstoffe, vor¬
treffliche Maschinen, Arbeitsteilung bis ins kleinste, schneller Umsatz
u. a. bedingen diesen Vorteil.
Nun streben heute vielfach die Handwerker und Kleingewerbe¬
treibenden danach, sich auch die Vorteile, die der Großbetrieb hat,
zu nutze zu machen; sie gründen Genossenschaften. Eine
Genossenschaft ist ein gemeinsamer Geschäftsbetrieb,
ein Stück Großbetrieb, der in den Kleinbetrieb des
Handwerkers, Kaufmannes oder Landwirtes eingeschaltet
wird. Der Kleinbetrieb bleibt bestehen. (Ein Mann kann auch
mehreren Genossenschaften angehören, da die Genossenschaften nach
ihren Aufgaben verschieden sind.)
Kreditgenossenschaften. Sie haben die Aufgabe, dem Geschäfts¬
manne und dem Landwirte die nötigen Barmittel zu verschaffen, deren
er bedarf, um seine Rohstoffe, Futtermittel u. a. stets bar bezahlen zu
können; denn es ist ein wesentlicher Unterschied, ob er den Kredit des
Lieferanten oder Großhändlers in Anspruch nimmt, oder fein Geld
bei einer Kreditgenossenschaft leiht, deren Mitglied er ist und deren
Vertrauen er genießt. (Werde niemals durch Kreditnehmen vom
Lieferanten abhängig!)
Die Kreditgenossenschaften (Vorschnßvereine, Kreditvereine, Dar¬
lehnskassen) gewähren Darlehen gegen Bürgschaft und nehm eil
Ersparnisse an, die sie verzinsen. Von besonderem Vorteil ist
es, wenn die Mitglieder verschiedenen Verufsständen angehören; dann
halten sich Geldbedarf und Geldangebot leichter das Gleichgewicht.
Die Werkgenossenschaften wollen ihren Mitgliedern die Leistungen
solcher Kraft- und Arbeitsmaschinen vermitteln, die ihnen in ihrem
Betriebe fehlen. Manche Maschine ist zu groß, die andere zu teuer,
die dritte kann nicht regelmäßig „beschäftigt" werden, so daß sie
der kleine Geschäftsmann entbehren muß. Die Genossenschaft aber
stellt solche Maschinell an einem geeigneten Orte auf, und die Mit¬
glieder benutzen sie nach Bedarf.
Allerdings ergeben sich da manche Übelstünde. Die Lage der
„eingeschalteten Fabrikanlage" kann nicht immer so getroffen werden,
daß nicht für das eine oder andere Mitglied weite Transportwege
entstehen. Da cs sich meist um große Arbeitsstücke handelt, so er¬
fordert die Hin- lind Herbesörderung oft besondere Kosten; das
Arbeiten in zwei verschiedenen Werkstätten bringt außerdem noch