433 —
Aitder aus der Erdkunde.
222. Frankfurt als Handelsstadt.
Heinrich Emden.
£ Handschriftlich vom Verfasser.
^jSy'ranffurt verdankt seine Bedeutnng als Handelsstadt in ersier
Linie seiner überaus günstige» Lage an einem schiffbaren Flusse,
in der Nähe eines bedeutenden Stromes und an dem Vereinigungs¬
punkt wichtiger Landstraßen und Eisenbahnen. Der Main bildete stets
eine Hauptverkehrsader, durch die Frankfurt Anschluß an die Rhein-
schiffahrt und damit an den Weltverkehr hatte. Die Straßen, die von
Frankfurt aus nach dem Süden gehen, führen auf fast ebener Fläche
an den Vogesen und dem Schwarzwald vorbei bis in die Schweiz. Auch
nordwärts durch die Wetterau und weiter nach Cassel, Bremen und
Hamburg waren keine bedeutenden Hindernisse zu überwinden, ebenso
wenig mamaus- und mainabwärls. Ja selbst im Nordosten, wo zwischen
Gelnhausen und Fulda die Berge des Vogelsbergs, des Spessarts und
der Rhön einander nahetreten, ließ sich der Übergang nach Thüringen
und Leipzig ohne besondere Schwierigkeiten bewerkstelligen. Diesen großen
Straßenzügen folgten in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts
die wichtigen Eisenbahnlinien, die in Frankfiirt zusammenlaufen. Nicht
weniger als elf Bahnen treffen sich hier, und Frankfurt kann sich rühmen,
der Knotenpunkt des dichtesten Eisenbahnnetzes im ganzen Rheingebiet
zu sein. Durch diese vorteilhafte Lage war Frankfurt von alters her be¬
rufen, die Vermittlerin des Handels und Verkehrs zwischen dem Norden
und Süden, dem Osten und Westen unseres Vaterlandes zu bilden.
Begünstigt wurde die Entwicklung des Handels auch durch die ge¬
schichtlichen Ereignisse. In alter Zeit lag die Gegend um Frankfurt
noch innerhalb der römischen Reichsgrenze. Sie war deshalb mehr der
Kultur erschlossen, als die weiter östlich liegenden Gemarkungen. Während
des Mittelalters weilten die deutschen Könige und Kaiser oft in Frank¬
furts Mauern, und zahlreiche Reichsversammlungen wurden hier abgehalten.
Die Königswahlen, die von Anfang an schon in unserer Gegend, an den
Rheinufern zwischen Mainz und Worms, vor sich gingen, fanden später
Deutsches Lesebuch für Mittelschulen. III. 28