Full text: (Sechstes und siebentes Schuljahr) (Teil 3 für Kl. 4 u. 3)

dem Ansehen nach wohlhabenden Mann mit grauen Haaren: „Und 
Ihr, Vater Abraham, was sagt Ihr zur jetzigen Zeit? Glaubt Ihr 
nicht auch, daß die schweren Abgaben das Land ganz aussaugen 
werden?" Vater Abraham stand auf und erwiderte: „Mein guter 
Rat steht Euch, und zwar in aller Kürze, zu Diensten; denn ein 
Wort ist dem Weisen und Verständigen genug." Die ganze Gesell¬ 
schaft drang in ihn, er möge sprechen. Man trat in einen Kreis 
um ihn, und er fing also an: 
„Liebe Freunde und gute Nachbarn! Die Abgaben sind allerdings 
etwas schwer; allein wenn wir sonst keine als an die Obrigkeit zu 
zahlen hätten, so wollten wir wohl damit fertig werden. Wir haben 
aber noch viele andere, die uns weit schwerer fallen. Unsere Faulheit 
z. B. nimmt uns zweimal mehr als die Obrigkeit; unsere Eitelkeit 
dreimal und unsere Torheit viermal mehr. Von diesen Abgaben kann 
uns kein Landesabgeordneter weder ganz noch halb befreien; indes 
ist noch nicht alles verloren, wenn wir nur gutem Rate folgen; denn 
Gott hilft denen, die sich selbst helfen. Über eine Regierung, die 
das Volk den zehnten Teil des Jahres zum Fronen zwänge, würde 
jedermann schreien; aber die Faulheit nimmt uns noch weit mehr 
ab. Rechnet einmal die Zeit, die ihr im gänzlichen Müßiggänge, 
d. h. mit Nichtstun, oder in Zerstreuungen, die eben nicht weiter 
führen, zubringt, und ihr werdet finden, daß ich recht habe. Müßig¬ 
gang ist aller Laster Anfang; er führt Krankheiten herbei und verkürzt 
notwendigerweise unser Leben, weil er uns schwächlich macht. 
Müßiggang ist ein Rost, der weit mehr angreift als die Arbeit. Der 
Schlüssel, den man oft braucht, ist immer blank. Liebst du aber dein 
Leben, so verschwende die Zeit nicht; denn sie ist das, woraus 
das Leben besteht. Wie viel verlieren wir nicht allein dadurch, daß 
wir länger schlafen, als nötig ist, ohne zu bedenken, daß der 
schlafende Fuchs kein Huhn fängt, und daß wir im Grabe lange 
genug schlafen; verlorene Zeit läßt sich nicht wiederfinden, und 
was wir Zeit genug nennen, reicht am Ende selten zu. Wohlan 
denn, laßt uns die Hände regen, solange wir noch Kraft haben! 
Faulheit macht alles schwer, der Fleiß alles leicht. Wer spät aufsteht, 
wird nie fertig; ehe er recht in die Arbeit kommt, ist die Nacht 
schon wieder da. Die Trägheit schleicht so langsam, daß die Armut 
sie bald einholt. Treibe dein Geschäft, damit dein Geschäft dich 
nicht antreibe. Zeitig in das Bett und zeitig aus dem Bett macht
	        
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