Südafrika. 331
hören der Winterregen überziehen sich alle Felsen mit Gewächsen, die teils
aus tief verborgenen Zwiebeln schnell emporwachsen und die glanzvollsten
lilienartigen Blüten treiben, teils, in der trockenen Zeit entblättert und ver-
gelbt, nicht bemerkt wurden und nun erst entstanden scheinen. Auf dem
sandigen Boden schießen Heidekräuter hoch auf und dazwischen treiben Pelar-
gonien (Geranien) schnell in farbige Blüten. Aber bei aller Schönheit
dieser Pflanzen entbehrt der Boden Südafrikas den frischgrünen Rasen und
die blumigen Wiesen der nordischen Welt. Zwischen den schönblühenden
Büschen und den vereinzelten, mit Gräsern bewachsenen Orten blickt der
weiße Sand oder der nackte Fels hervor. In der trockenen Zeit ist alles
verdorrt und bestäubt, und kein grüner Ruheplatz ladet den ermüdeten
Wanderer zum Niedersitzen ein. Nach Pöppig.
3. Kolonistenleben im Kaplande.
1. Die Abgeschiedenheit der Kolonisten von der Welt. 2. Die Lebensweise der Männer.
3. Die Lebensweise der Frauen. 4. Beispiele größerer Betriebsamkeit.
1) Die Kolonisten des Kaplandes, die holländischen Boeren (spr.
Büren), leben auf ihren „Plätzen" überaus einsam. Da sie nur höchst selten
einmal zur Kapstadt kommen, so haben sie von der großen Welt sehr Mangel-
hafte Begriffe. Die große Entfernung einiger von der Kirche macht, daß
sie bisweilen kaum ein oder zweimal im Jahre die Kirche besuchen; andere,
die noch entfernter wohnen, kommen nicht eher zur Kirche, als bei Heirat
oder Kindtaufe, und die letztere wird bisweilen Jahre lang aufgeschoben, so
daß man sich nicht wundern darf, eine Gesellschaft großer Bnben und
Mädchen zur Kirche ziehen zu sehen, um das so lange verschobene Sakra-
ment der Taufe endlich zu empfangen. Auf ihren einsamen Landgütern
sehen sie, außer ihren nächsten Nachbarn, nur den Fleischerknecht, der ihr
Vieh aufkauft, den jüdischen Hausierer, der ihnen Kattun für indischen
Musselin verschachert, den Geistlichen, der von Zeit zu Zeit seine mühsame
Runde macht, und höchst selten einen Reisenden. Daraus entsteht eine
große Unwissenheit und eine höchst lästige Neugierde den Fremden gegen-
über. — 2) Ein schläfrigeres Wesen, als das des Vieh boeren, ist
nicht zum zweitenmal zu finden. Kaum aus dem Bette, steckt der Boer die
Pfeife in den Mund und verschluckt ein Zoopje (Schnaps), nimmt den
linken Fuß in die rechte Hand und raucht ein Dutzend Pfeifen Tabak.
Schlendernd geht er dann zu dem Viehkraale. Dort wird das Vieh ge-
zählt und zur Weide getrieben, und alles wird wieder still auf dem Gute.
Die Pflüg- und Erntezeit beschäftigt ihn nur ausnahmsweise auf kurze Zeit;
ist diese geschäftige Zeit vorbei, so weiß er nicht, womit er den Tag tot-
schlagen soll. Der Boer liest nicht; er hat nur drei Bücher: die Bibel,
das Gesangbuch und den Kalender. Ist er mit diesen fertig, so nimmt er
den linken Fuß wieder in die rechte Hand und raucht zwölf andere Pfeifen;
dann ißt er, dann schläft er, dann raucht er wieder; daun wetzt er sein
Taschenmesser an der Schuhsohle und schneidet Riemchen oder Stückchen
Holz, eine Beschäftigung, woniit er sich stundenlang amüsieren kann. Bei
solch gemächlicher Lebensweise konserviert sich der Boer wunderbar, erreicht
trotz der Gicht ein hohes Alter und stirbt endlich an einem Schlagflusse.
— 3) Die Lebensweise der Frauen gleicht der der Männer: zwölf Stun-
den im Bette liegend, elf auf dem Stuhle sitzend, wo sie mit Theetrinken,