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Rudolph belagerte gerade Basel und erwartete den Burggrafen
von Nürnberg*), den er als Schiedsrichter in seinem Streite mit
der Stadt berufen hatte. Der kam von Frankfurt, aber mit einer
ganz anderen Botschaft. Um Mitternacht weckte er Rudolph in
seinem Zelte mit der Nachricht, daß er zum Kaiser gewählt fei.
Freudig überrascht söhnte sich Rudolph sogleich mit der Stadt
aus. Noch in demselben Jahre wurde er in Aachen feierlich ge¬
krönt. Es war ©Ute, daß sich die Fürsten von dem neuen Kaiser
bei der Krönung mit ihren Ländern belehnen ließen. Bei der
Belehnung bediente sich der Kaiser des Scepters. Da dasselbe
nicht bet den Hand war, nahm Rudolph ein Cruzifix vom Altare
und sprach: „Das Kreuz, welches die Welt erlöset hat, wird wohl
die Stelle des Scepters vertreten können." In Aachen erschien
auch jener Priester, dem Rudolph im Walde das Pferd zum
Dienste Gottes geschenkt hatte, grüßte den Kaiser und sprach:
„Edler Herr und Kaiser, also hat Gott den Dienst belohnt, den
ihr ihm einst erwiesen."
Rudolphs Wahl erfüllte alle mit Freude und Frohlocken. Denn
Deutschland hatte zwanzig Jahre keinen Kaiser gehabt, und das
war eine traurige Zeit für das Reich gewesen. Nun habe, hieß
es, nach langem Elende und harter Noth das Volk wieder einen
Vatex und Beschützer.
3. Wie Rudolph Ordnung schafft. König Ottokar von
Böhmen war mit der Wahl nicht zufrieden. Er hatte die Länder
Oesterreich, Steiermark, Kärnthen und Krain an sich gerissen und
sich der Hoffnung hingegeben, daß die Fürsten ihn, als den Mäch¬
tigsten im Reiche, zum Kaiser wählen würden. Er wollte Rudolph
nicht als Kaiser anerkennen. Dreimal forderte ihn Rudolph auf,
vor ihm zu erscheinen und den schuldigen Lehenseid abzulegen:
er aber trotzte allen Befehlen feines Kaisers. Da griff Rudolph
zum Schwerte und zog mit Heeresmacht gegen den Widerspenstigen
aus. Auf dem Marchselde, einige Metten vor Wien, kam es im
Jahre 1278 zur entscheidenden Schlacht. Auf beiden Seiten wurde
mit gleicher Erbitterung und gleicher Tapferkeit gefochten. Selbst
des Kaisers Leben kam in Gefahr. Ein polnischer Ritter, der im
Heere .Ottokars biente, sprengte im wilden Ungestüm mitten durch
die feinblichen Schaaren gerabe auf ben Kaiser los und hatte
schon dessen Pferb niebergeftoßen, als noch zum Glück habs¬
burgische Reiter herbeieilten unb ihren Herrn aus ber nahen Ge¬
fahr retteten. Ottokar selbst focht an ber Spitze ber,©einigen mit
*) Der Burggraf von Nürnberg war Friedrich III., Graf von Zollern,
Rudolphs Schwager und ein Ahue des preußischen Königshauses. Von
Rudolph wurde ihm zum Danke für seine Bemühungen bei der Kaiserwahl
das Burggrafeuthum Nürnberg als eidliches Leben übertraaen-